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25. August 1987 Katastrophaler Starkregen im Alpenraum 25 Aug 2006 06:55 #131138

  • H.-D. Müller Brühl +115m
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Wetterlage
Der Zyklon „Afra“ (Kerndruck 1000 hPa) zieht unter Vertiefung über Ostfrankreich hinweg u. erreicht in den Mittagsstunden die Rheinmündung.
In Schleswig-Holstein ist es bedeckt, aber auch in den übrigen Landesteilen dominiert starke Bewölkung.
Bad Salzuflen u. Neustadt a. d. Weinstraße gehören mit knapp 5 Sonnenstunden noch zu den begünstigten Orten in Deutschland.
Verbreitet fällt Regen, der besonders in den westlichen Gebieten der BRD stellenweise auch recht ergiebig ist.
In den östlichen Teilen der DDR bilden sich an einer wellenden Kaltfront ab dem Nachmittag lokale Gewitter- u. Niederschlagsfelder aus.
Bundesweit fließt kühle Meeresluft ein.
Die noch über dem Osten der DDR befindliche warme, südeuropäische Subtropikluft wird durch die Kaltfront des Tiefs „Afra“ allmählich nach Polen abgedrängt.
Das kleine Randtief über den Zentralalpen bewegt sich nur noch langsam in Richtung Osten.
Die in der Nacht zum 25.8. begonnenen, katastrophalen Starkregenfälle dauern an u. verlagern sich langsam in Richtung Ostalpen.
Bei Schauer u. Gewitter werden örtlich Windböen bis zu Bft. 10 (starker Sturm) beobachtet.
Auf der Zugspitze u. dem Wendelstein weht der Wind in Böen mit Geschwindigkeiten von über 160 Km/h (Bft. 12, Orkan).
Auf der Zugspitze gehen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt die Niederschläge in Schnee über. Bis Mittwochfrüh wächst hier die Schneehöhe auf 58 cm an.

Katastrophaler Starkregen
In Italien sind infolge der starken Regenfälle mindestens sieben Menschen ums Leben gekommen. In der Provinz Parma werden noch zwei Kinder vermisst.
Im Camonica-Tal (Provinz Brescia) wurden vier Menschen getötet.
Bei Lucca in der Toskana wird ein 39jähriger Mann von Geröllmassen erschlagen.
Ein 43jähriger Italiener ertrinkt bei Trient in der Etsch, nachdem er in den Fluss gefallen war.
In der Provinz von Novara ertrinkt eine Frau.
Bereits in der Nacht zum 25.8. wird im Veltliner Tal der Notstand ausgerufen.
Für 20 Ortschaften, die zwischen der Provinzhauptstadt Sondrino u. dem Städtchen Sondale liegen, wird ein Räumungsbefehl erlassen. 25.000 Menschen müssen daraufhin ihre Wohnungen verlassen. Sie werden provisorisch in Hotels, Schulen u. anderen öffentlichen Gebäuden untergebracht.
Der Wasserstand des am 28. Juli durch einen Erdrutsch aufgestauten Sees südlich von Bormio ist so stark angestiegen das für die unterhalb lebenden Einwohner des Addatales höchste Lebensgefahr besteht.
Am Abend fehlen noch ca. 10 m Pegelhöhe, dann wird das Wasser die Dammkrone überfluten. Außerdem ist selbst für Experten unklar, wie lange der natürliche Staudamm dem zunehmenden Wasserdruck standhalten wird.
Die Räumung der Bevölkerung des bedrohten Gebiets erinnert mehr an eine dramatische Flucht als wie an einen geordneten Auszug.
Auch andere Regionen bleiben nicht verschont.
In der Provinz Brescia wird ein Haus von den Fluten hinfort geschwemmt.
In Südtirol tritt die Etsch über die Ufer.
Im Vinschgau ist die Staatsstraße von Meran zum Reschenpass zwischen Naturns u. Latsch unterbrochen. Es besteht keine Umleitung.
Das Schnalstal ist gesperrt.
Von Meran aus ist das Passeiertal ab Saltaus gesperrt.
Die Timmelsjochstraße ist ab Moos gesperrt.
Nach einem Erdrutsch entgleist auf der Bahnstrecke Parma-La Spezia ein Zug.
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In Österreich[/u][/b] kommen 3 Menschen ums Leben.
Der Fluss Ache im Ötztal reißt zwei Autos mit sich fort. Zwei Personen kommen dabei in den Wasserfluten ums Leben.
Bei einer Evakuierungsmaßnahme in der Gemeinde Längenfeld verstirbt ein niederländischer Tourist an einem Herzinfarkt.
Im Ötztal bricht zeitweise das Telefon- u. Stromnetz zusammen. Es werden mehrere Straßen u. Brücken unterspült bzw. zerstört. Das Tal ist von der Außenwelt abgeschnitten, da auch das Timmelsjoch auf Südtiroler Seite unpassierbar geworden ist. Campingurlauber können sich in letzter Minute vor den Wasser- u. Schlammmassen in Sicherheit bringen.
Das Ötztal ist ab Tumpen gesperrt.
Auch im Stubaital müssen Campingplätze geräumt werden.
Das Stubaital ist ab Volderau gesperrt.
Gesperrt sind außerdem die Gerlos-Mautstraße sowie das Zillertal ab Mayrhofen.
Im Pinzgau (Bundesland Salzburg) gefährdet die Hochwasser führende Salzach einen Zeltplatz. 30 Personen werden evakuiert.
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In der Schweiz sind die wichtigsten Nord-Süd u. West-Ost Verkehrsachsen unterbrochen.
Der ganze Kanton Uri ist praktisch von der Außenwelt abgeschnitten.
Straßen, Brücken u. Häuser werden von den tobenden Wassermassen mitgerissen.
Hunderte von Menschen müssen evakuiert werden.
Militär, Feuerwehr u. Krisenstäbe versuchen der chaotischen Lage Herr zu werden.
Kanton Uri: Durch Ausbrüche der Reuss werden besonders die untere Fluss-Ebene bei Flüelen, Seedorf u. Attinghausen heimgesucht.
An mehreren Stellen bersten hier die Uferdämme.
Die Wassermassen überschwemmen u. vermuren Kulturland, Bauernhöfe, Häuser u. Verkehrswege. 800 Tiere ertrinken.
In Flüelen wird das Dorfzentrum meterhoch(!) überflutet.
In Attinghausen stehen ca. 200 Häuser, in Seedorf u. a. auch die Industriezone unter Wasser.
Im oberen Reusstal zwischen Gurtnellen u. Göschenen verbreitert der Fluss sein Bett teilweise um 50 m. Angrenzende Steilborde, Aufschüttungen, Straßen u. Bahngleise werden fortgeschwemmt.
Bei Wassen unterspült der reißende Fluss einen Brückenpfeiler der N2. Daraufhin sackt die talwärts führende Farbahn um 1,5 m ab u. kann nur durch eine kostenintensive Reparatur vor dem Abriss gerettet werden.
Auch Teile der alten Gotthardstraße verschwinden in den Fluten.
Bei Schöllenen werden Lehnenviadukte zerstört u. Galerien durch Geröllmassen eingedrückt.
Die Schöllenenbahn ist unterbrochen.
Von großen Schäden ist auch das Urserental zwischen Andermatt u. Realp betroffen.
Es werden Kulturland, Gebäude u. Verkehrswege zerstört, u. a. auch insgesamt 12 Km der Bahnstrecke Furka-Oberalp. Geschätzter Schaden hier: 30 Mio. Schweizer Franken.
Außerdem wird die Kläranlage überschwemmt u. die Wasserversorgung bricht zusammen.
Das Tal ist von der Außenwelt abgeschnitten.
Kanton Wallis: Hier verursacht die Rhone u. deren Nebenflüsse die meisten Schäden.
Betroffen ist u. a. das Goms von Oberwald bis Brig. Im ganzen Oberwallis kommt es zu schweren Schäden an Kulturland, Straßen, Bahnstrecken u. Brücken. Häuser u. Verkehrswege werden überschwemmt.
In Münster verstopft der Münstigerbach mit seinen Wasser- u. Schlammfluten eine Brücke. Der verheerende Ausbruch des Baches verursacht Schäden in Höhe von 25 Mio. Schweizer Franken.
Es werden drei Brücken zerstört. 20 Gebäude, darunter 5 Wohnhäuser, werden stark beschädigt. 15 Familien müssen in Sicherheit gebracht werden. Außerdem bricht die Strom- u. Wasserversorgung zusammen.
Bei Bitsch bricht die Massa aus ihrem Bachbett aus u. überschwemmt Häuser u. das Kraftwerk Massaboden. Schaden am Kraftwerk: 10 Mio. Schweizer Franken.
Im mittleren Rhonetal kommt es in Naters an den Rhonebrücken zu Rückstauungen u. in Folge dann zu Ausbrüchen.
Angrenze Wohngebäude werden schwer beschädigt. Der Sachschaden beträgt hier 2,6 Mio. Schweizer Franken.
Im Bereich zwischen Salgesch u. Leuk richtet das Hochwasser der Rhone große Schäden an Kulturland u. den Schutzdämmen in Höhe von 6 Mio. Schweizer Franken an.
Weniger betroffen ist das Matter- u. Saastal. Hier kommt es zu Bachausbrüchen u. Rutschungen.
Im Lötschental verursacht die Lonza schwere Ufererosionen.
Im Val Ferret kommt es zu zahlreichen Überschwemmungen u. Rutschungen zwischen Orsière u. La Fouly.
Kanton Tessin: Hier trifft es besonders die Verkehrswege. An 57 Stellen kommt es zu größeren Unterspülungen.
Telefon, Strom u. die Wasserversorgung fällt aus.
Im Bedrettotal wird die Nufenenstraße auf weiten Strecken total zerstört. Verschlimmert wird die Situation zusätzlich durch zahlreiche Rutschungen u. Rüfenniedergänge.
Das Tal ist von der Außenwelt abgeschnitten.
In der Leventina verursacht der Ticino zwischen Airolo u. Ambri-Piotta massive Schäden an den Verkehrswegen.
Die Kraftwerkzentralen Lucendro u. Ritom werden überflutet.
Auch die Region Faido wird schwer getroffen. Hier müssen Häuser u. ein Campingplatz evakuiert werden. Waldstücke werden total verwüstet u. 400 m Kantonsstraße einfach hinweggespült.
Im Bavonatal entstehen durch Hochwasser u. Rutschungen Schäden von ca. 10 Mio. Schweizer Franken. U. a. wird eine 2.000 Jahre alte Römerbrücke zerstört die erst vor wenigen Jahren rekonstruiert wurde.
Das Tal ist auf Wochen(!) von der Außenwelt abgeschnitten.
Im Rovanatal müssen Teile des Dorfes Bosco-Gurin evakuiert werden. Außerdem wird das Aquädukt zerstört u. die Skianlagen stark beschädigt.
Hier stellte sich heraus dass die angelegten Skilifttrassen besonders geeignete Sturzbahnen für die Wasserfluten bildeten!
Kanton Graubünden: Nur durch den massiven Einsatz von Baggern, die einen Brückendurchlass offen halten, können in Poschiavo katastrophale Schäden vermieden werden.
Trotzdem kann nicht verhindert werden dass bereits geräumte Straßen u. Plätze erneut überfluten u. eine Notbrücke fortgeschwemmt wird.
Zwischen Versam u. Valendas fährt ein Zug in eine Hangrutschung u. entgleist.
Im Engadin u. im Bergell verursachen Rüfenniedergänge leichte Schäden.
Nach vorläufigen Schätzungen beträgt die Höhe der entstandenen Sachschäden 800 Mio. Schweizer Franken.
Informationen mit freundlicher Unterstützung von: „Wasser, Energie, Luft" CH-5401 Baden

In der Schweiz kommt ein Mensch ums Leben.
Bei Gurtnellen werden die Gleise der Gotthard-Bahn auf einer Länge von 200 m weggerissen.
Der Nachtschnellzug Rimini-Frankfurt kann gerade noch rechtzeitig im Bahnhof von Göschenen aufgehalten werden. Die gestrandeten 200 Passagiere werden nun im Dorf verpflegt.
Die Gotthardbahnlinie wird voraussichtlich für mindesten eine Woche nicht passierbar sein. Der Zugverkehr muss über die Brennerlinie umgeleitet werden.
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Niederschlagshöhen: (Auswahl)
Italien: >50mm Tarviso, Udine >180mm
Österreich: >80mm Reisach

Quelle (Auszug): ex W-A

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