Wenn die ja wenigstens dazu sagen würden: "Womöglich sind wir schuld daran mit unserer Umweltzerstörung und unserem hirnlosen Konsum, der das Klima kaputtmacht." Dann hätte das Gerede wenigstens einen Zweck, nämlich mal das eigene Verhalten zu überdenken. Es ist natürlich leichter, groß zu lamentieren und jede Schuld weit von sich zu weisen.
Wie alt waren die denn? Ich bin 38 und lebe seit jeher auf gut 300m Höhe. Weiße Weihnachten sind mir auch in der Kindheit eher selten in Erinnerung. In der Grundschule beklagte manch einer, daß er den neuen Schlitten erst Anfang Januar einweihen konnte.
Dagegen erzählt meine Stiefmutter, 30 Jahre älter als ich, von vielen schneereichen Wintern, und das, obwohl sie den größten Teil ihres Lebens auf einer Höhe von allenfalls 200 m verbracht hat. Zu Weihnachten hat es auch da nicht immer gepaßt, aber wenigstens im Januar und Februar gab es doch in den 50ern und 60ern wesentlich mehr Schnee und wochenlangen Dauerfrost.
Daran kann ich mich aber auch noch aus den 70ern erinnern. Im Winter war jedesmal wochenlang, gar monatelang das Abflußrohr von der Waschküche zugefroren und im März hat mein Vater das dann irgendwie im Keller aufgebrochen und meterlange Eisstangen rausgeholt. Ab den 80ern ist das Rohr nicht mehr zugefroren, obwohl nichts daran verändert worden war.
Oder die Eisblumen. Als ich klein war, waren an den Scheiben der Haustür immer von Dezember bis März dicke Eisblumen, manchmal war die Eisschicht sogar auf 2 cm und an den Rändern mehr angewachsen. Im Flur des Hauses herrschte auch oft Frost, verschüttetes Wasser fror an und auf dem Boden war schon mal Glatteis. Später wurden die Eisblumen seltener und die Schichten dünner.
Die Vorbesitzer meines Hauses erzählten, daß sie im Winter bis zur Mitte der 60er Jahre auch in den Schlafzimmern Frost hatten, Eisblumen auf der Tapete und sogar das Bettzeug war stellenweise gefroren. Dann wurde eine Eternit-Verkleidung am oberen Stockwerk angebracht. Danach waren zumindest die Tapeten eisblumenfrei. Diese Eternitverkleidung habe ich vor ein paar Jahren entfernen lassen und durch eine vernünftige Isolierung und eine Holzverkleidung ersetzen lassen. Vorher war es abends, wenn im Wohnzimmer der Ofen an war, schön warm, aber am anderen Morgen hatte ich dann schon wieder eine Atemwolke vor dem Mund. Seit der Isolierung ist es bis zum Morgen noch angenehm gewesen. Als dann die neuen Fenster kamen, wurde es noch besser, eine Restwärme hält sich bis zum Mittag.
Wird denn bei der Nostalgie um diese Kälte in den Häusern gejammert? Das habe ich nie gehört. Im Gegenteil. Die alten Leute erzählen noch, daß sie im Winter nicht aufs eisige Klo hinter der Scheune gingen, sondern in den warmen Stall. Diese Verhältnisse will keiner wieder haben.
Auf die große lange Kälte lege ich allerdings keinen Wert, so kalt braucht es meinetwegen nicht wieder zu werden. Ich stelle mir dann mit Entsetzen vor, daß mir dann die Wasserleitung im Stall kaputtfrieren würde und wer weiß was sonst noch alles, von den Heizkosten ganz zu schweigen. Ich muß auch nicht mehr dauernd an der Türklinke anfrieren, wie ich das schon des öfteren erlebt habe. Es ist nicht nötig, daß meinen Hühnern die Kämme erfrieren oder daß ich die Karnickel in die Wohnräume umquartieren muß, weil der Stall zu kalt ist, und daß das Auto den Geist aufgibt. Solche Nostalgien hege ich nicht. Daran denken auch die Alten bei ihren Erzählungen von früher eher selten. Die Medaillie hat nämlich auch zwei Seiten. -30 Grad und womöglich noch kälter zähle ich zur Kehrseite von den "richtigen Wintern".