Ich war vorhin kurz auf der Baustelle. Vorm Haus habe ich noch mit Philipps Freundin gesprochen und dabei gesagt: Es sieht ja aus, als ob ein Weltuntergang kommt. Dabei hatte ich das scherzhaft gemeint, eigentlich sah es nur nach einem kleinen Gewitterchen aus, gar nichts Besonderes.
Eine Minute später bin ich ins Auto gestiegen und Richtung Korbach losgefahren. Die ersten Tropfen fielen gerade. Auf halber Strecke liegt Meineringhausen, fünf Kilometer von Alraft und von Korbach entfernt. Schon vor dem Dorf musste ich mal rechts ranfahren, weil ich nichts mehr sehen konnte. Urplötzlich war ein Unwetter losgebrochen, Sturm peitschte eine Sintflut waagerecht von Nordost, kleine Baumäste wurden abgerissen. In Meineringhausen musste ich noch mehrmals anhalten, weil einfach nichts mehr ging. Auch die anderen Autos und große LKWs blieben stehen.
Einzelne Hagelkörner kamen zu der Sintflut, Sichtweite in Extremmomenten 10 m, manchmal 20 m. Reklametafeln und Verkehrsschilder kamen geflogen und auf der Straße geschwommen. Gerade noch zu erkennen war die gegenüberliegende Straßenseite, wo ein zertrümmertes Baugerüst auf dem Bürgersteig lag. Die Gullis schafften die Wassermassen nicht, in Sekundenschnelle stand das Wasser mehr als knöchelhoch auf der Straße. Wohlgemerkt: Das war maximal fünf Minuten, nachdem die ersten Tropfen gefallen waren. Der Sturm, das waren gar keine Böen mit ruhigeren Phasen dazwischen, sondern das war ohne Unterbrechung so stark, dass mein Auto, immerhin zwei Tonnen schwer, wild schaukelte. Im Windschatten der Häuser ging es, aber zwischen den Häuser blies es dafür um so stärker. Als das Wasser stieg, wollte ich nur noch weiter, den Berg hoch. Im Zickzack bin ich um andere Autos rumgefahren, die einfach auf der Straße stehen geblieben waren, weil die Fahrer nichts mehr sehen konnten. Manche waren noch auf den Bürgersteig gefahren, andere auf der Fahrbahn geblieben.
Außerhalb von Meineringhausen geht es erst leicht bergauf, dann steiler. Wenigstens floss das Wasser hier von der Straße ab und blieb nicht stehen, wie unten im Ort. Ich musste über einige Äste fahren, die auf der Straße lagen. Auf halber Höhe des Berges musste ich um einen großen Baumast herummanövrieren, der die Straßenseite komplett blockierte. Auf den Parkplätzen rechts und links auch hier etliche gestrandete Autos und LKWs. Oben auf der Hochebene angekommen, regnete es wesentlich weniger, ein Fahrzeug vom THW kam mir entgegen. Noch knapp fünf Kilometer und ich war hier im Hof. Nur noch leichtes Tröpfeln, auf den Straßen etwas abgerissenes Laub. Vor der Garage habe ich angehalten, um die Beifahrerseite meines Autos angucken zu können, ob da vielleicht Hagel oder andere Sachen, die angeflogen kamen, Schaden gemacht hätten. Ist aber zum Glück alles heil. Eine Nachbarin stand völlig fertig mit den Nerven in ihrer Garage. Sie war von der Arbeit in Korbach heimgefahren und hatte schon mit der Angst bekommen, ob sie das mit heilem Auto schaffen könnte. Eine andere Nachbarin kam zu Fuß. Sie hatte sich in das Treppenhaus eines anderen Hauses geflüchtet, als das Unwetter losging.
Von den ersten Tropfen bis zum sachten Nachregen waren es vielleicht eine Viertelstunde, höchstens zwanzig Minuten, aber die hatten es in sich. Was bin ich froh, dass ich weder einen leichten Kleinwagen noch ein Cabrio oder einen tiefergelegten Sportwagen habe! Mit solchen Autos wäre ich womöglich nicht heil davongekommen. Mein Buffalo hat sich dagegen brav seinen Weg gebahnt, die kleineren Äste unter sich zermalmt und keine Zicken gemacht.
Hier die erste Meldung:
http://www.112-magazin.de/kb-feuerwehr/item/12408-starker-regenschauer-zahlreiche-b%C3%A4ume-umgeworfen
Da habe ich die betroffene Stelle zwischen Meineringhausen und Korbach (in der 112-Meldung Kriesstadt genannt) wohl gerade noch rechtzeitig hinter mich gebracht, bevor die Feuerwehr da eingreifen musste. Ich hatte aber auch die ganze Zeit den Drang, so schnell wie möglich auf die Hochebene zu kommen. War die Eingebung mal wieder richtig.