vielleicht geht es so:
Wie Berlin das Klima retten will
Einigung Der Umwelt- und der Wirtschaftsminister einigen sich beim Klimaschutz
Mit einer Mischung von baulichen Massnahmen und einer Umstellung der Autosteuer will Deutschland den CO2-Ausstoss bis 2020 um 36 Prozent senken. Die deutsche Regierung setzt sich damit beim Klimaschutz ehrgeizigere Ziele als die Schweiz.
ERICH ASCHWANDEN, BERLIN
Eigentlich hat Angela Merkel für morgen Freitag einen grossen Auftritt geplant. An einer zweitägigen Klausursitzung auf Schloss Meseberg nahe Berlin diskutiert die deutsche Regierung nämlich über das Lieblingsthema der Bundeskanzlerin: den Klimaschutz. Doch nun haben sich Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU), die wochenlang hart um jeden Punkt des «Integrierten Energie- und Klimaprogramms» stritten, vorzeitig geeinigt.
Gabriel ist mit dem Erreichten nicht ganz zufrieden. Ursprünglich hatte die Regierung angestrebt, den Ausstoss von Kohlendioxid bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Damit hatte Merkel sich auch als EU-Vorsitzende und auf dem G-8-Gipfel gebrüstet. Mit dem nun vereinbarten Kompromiss beträgt der Reduktion gemäss dem Umweltminister 35 bis 36 Prozent. Doch das ist immer noch ambitionierter als die Schweiz. Gemäss dem von Bundesrat Moritz Leuenberger letzte Woche vorgestellten Klimabericht strebt die Schweiz ein Minus von 21 Prozent an.
Dreckschleudern bezahlen mehr
Unterlegen ist Gabriel vorläufig beim heiss diskutierten Thema Dienstwagen. Wie die Nachrichtenagentur AP berichtet, ist seine Forderung zurückgestellt worden, den CO2-Ausstoss bei der steuerlichen Absetzbarkeit von Dienstwagen zu berücksichtigen. In Deutschland wird es sich also weiter lohnen, seinen Mitarbeitern einen grossen Mercedes oder BMW zur Verfügung zu stellen. In diesem Punkt hat sich die Automobilindustrie durchgesetzt, die in Wirtschaftsminister Glos einen Fürsprecher hatte.
Enthalten im Paket ist dagegen die Umstellung der Kraftfahrzeugsteuer. So sollen Autos künftig nicht mehr nach dem Hubraum, sondern nach ihrem Ausstoss von Schadstoffen besteuert werden. Umweltfreundliche Autos werden entlastet, Dreckschleudern bezahlen mehr. Insgesamt soll die Umstellung aufkommensneutral sein. Weiter soll der Luftverkehr in den Emissionshandel einbezogen werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt der Einigung ist, dass die Kraft-Wärme-Kopplung künftig mit 750 Millionen Euro subventioniert wird. Umfangreiche Massnahmen sind weiter vorgesehen, um den Ausstoss von Treibhausgasen beim Heizen zu senken. Wie die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» schreibt, wird die Energie-Einsparverordnung spätestens 2009 verschärft. Neubauten müssen danach so gedämmt sein, dass sie pro Quadratmeter jährlich nur noch 90 Kilowattstunden Energie verbrauchen. Damit würde der Ölverbrauch je Quadratmeter und Jahr auf 9 Liter sinken. Im Jahr 2012 soll die Norm noch einmal um 30 Prozent verschärft werden.
Mehr Geld für Umweltministerium
Gemäss Medienberichten werden die Mittel des Umweltministeriums für den Klimaschutz von bisher 700 Millionen auf 2,6 Milliarden Euro erhöht. Ehrgeizige Ziele will die deutsche Regierung damit bei der Förderung der erneuerbaren Energien erreichen. Bis 2020 soll der Anteil von Wind, Sonne, Wasserkraft und Biomasse von heute 13 Prozent auf 25 bis 30 Prozent erhöht werden.
Vorläufig kein Thema ist in Deutschland eine Abgabe auf Brennstoffen, wie sie in der Schweiz vorgesehen ist, wenn die Ziele beim Klimaschutz nicht erreicht werden. Zwar geisterte vorübergehend die Idee eines «Klima-Cents» durch die Medien. Doch diese im Vergleich zu den Plänen in der Schweiz ohnehin niedrige Abgabe scheint im jetzt vereinbarten Programm nicht mehr enthalten zu sein.