Der "grüne" Bürgermeister von Marburg geht momentan einen für Deutschland und wohl auch für Europa bisher einmaligen Weg: Solaranlagen sollen Pflicht werden für jedes neu gebaute Dach.
Quelle:
http://de.news.yahoo.com/ap/20080131/tsc-eine-solaranlage-auf-jedes-dach-db2fba6_1.html
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Eine Solaranlage auf jedes Dach
AP
AP - Donnerstag, 31. Januar, 15:36 Uhr
Frankfurt/Marburg (AP) Der entscheidende Satz steht in Paragraph drei und lautet: «Nach den Bestimmungen dieser Satzung sind die Bauherren bei der Errichtung, Erweiterung und Änderung von Gebäuden verpflichtet, solarthermische Anlagen zu errichten und zu betreiben.» Mit dieser Vorschrift will das mittelhessische Marburg neue Wege gehen: Als erste deutsche Stadt will sie eine Solaranlage auf jedem neu gedeckten Dach, auch Kontrollen sind vorgesehen. Der Blick vom historischen Schloss auf das Stadtpanorama könnte also schon bald futuristisch anmuten.
Mit ihrem Plan geht die Verwaltung weit über alle bisherigen Bundes- oder Landesgesetze hinaus. «Das Vorhaben in Marburg scheint in der Tat sehr innovativ», lobt auch der Bundesverband der Solarwirtschaft. «Nur einige Unverbesserliche sagen noch, wir wollten hier die ,Ökodiktatur Marburg' errichten», schmunzelt Bürgermeister und Baudezernent Franz Kahle. Solche Einwände fänden in der Stadt schon längst kein Gehör mehr: «Die große Mehrheit hat begriffen, dass Solarthermie Geld sparen hilft. Ein ziemlich überzeugendes Argument», findet er.
Und so ist das Wort «Solarthermie» in Marburg derzeit in aller Munde: Die Technologie ermöglicht es, aus Sonnenlicht Wärme zu erzeugen, die zum Baden und Duschen, aber auch als Unterstützung von Heizungen verwenden werden kann. Etwa 60 Prozent der Trinkwassererwärmung eines Haushalts kann eine thermische Solaranlage erledigen.
Nun soll die Technologie in Marburg zum Standard werden. Doch kann die Stadt dies so einfach beschließen? «Rechtlich sind wir auf der sicheren Seite, eine Anwaltkanzlei hat den Entwurf gründlich abgeklopft», versichert Bürgermeister Kahle. Jetzt will der Grünen-Politiker dafür sorgen, dass die Solarpflicht-Satzung so schnell wie möglich zur Abstimmung ins rot-grün dominierte Stadtparlament kommt. «Schon im März oder April könnte sie verabschiedet werden.»
Das Heizen mit Erneuerbaren Energien hat in Deutschland ein gewaltiges Potenzial, aber eine magere Quote: Gerade einmal sechs Prozent der Heizwärme wird bisher aus Quellen wie Solarkollektoren, Holzpellets, Biogas oder Geothermie gewonnen. Mit Hilfe des «Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes» will die Bundesregierung bis 2020 eine Quote von 14 Prozent erreichen.
Marburg will mehr. Das vierseitige Papier, mit dem die Marburger Stadtspitze vorprescht, heißt «Satzung zur verbindlichen Nutzung der Solarenergie in Gebäuden», und geht über die ambitioniertesten Länder- und Bundesgesetze hinaus. «Wir sind konsequenter», sagt Kahle mit Stolz. «Es ist ja schön und gut, wenn man die Vorschriften für Neubauten verschärft. Aber die meiste Energie wird nun einmal in Altbauten verbraucht.» Es gelte die Fastformel: Je höher die Energiekosten, desto rentabler die thermische Anlage.
Ein Stück Solaranlage zahlt der Staat
Allerdings will die Marburger Verwaltung nicht mit dem Kopf durch die Wand: So soll die Solarpflicht erlassen werden, wenn der Wärmebedarf eines Gebäudes überwiegend mit Nah- und Fernwärmeversorgung, Kraft-Wärme-Kopplung oder Erneuerbaren Energien gedeckt wird. Auch Betreiber von Holzpellet-Öfen sind aus dem Schneider. Im Fall ihrer vielen denkmalgeschützten Häuser will die Stadt mit Fingerspitzengefühl vorgehen: Hier müssen Solaranlagen gesondert genehmigt und gegebenenfalls «unauffällig in die Dachhaut oder Fassade integriert werden», wie es in dem Entwurf der Solarpflichtsatzung heißt.
«Grundsätzlich wollen wir aber verhindern, dass ein neues Dach ohne Solaranlage installiert wird», betont der grüne Bürgermeister. Und so müssen alle, die in Marburg künftig ein Haus bauen, erweitern oder dessen Dach sanieren wollen, eine solarthermische Anlage einplanen. Und höhere Kosten: Denn eine Anlage für einen Vier-Personen-Haushalt kostet je nach Ausführung zwischen 4.000 und 10.000 Euro, wie der Bundesverband für Solarwirtschaft vorrechnet.
Einen Teil der Kosten lässt sich aber mit staatlichen Fördergeldern - etwa der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) - decken: Eigenheimbesitzer, die 2008 eine Solarheizung installieren und Maßnahmen zur Energieeinsparung ergreifen, können laut Solarwirtschaft Zuschüsse von bis zu 3.400 Euro für eine typische Solarheizung mit 15 Quadratmeter-Kollektorfläche bekommen.
Geld, das gut investiert ist, wie der Marburger Bürgermeister und Bauherr der Solarpflichtsatzung findet: «Die Klimaveränderung geht uns alle an, keine Frage.» Die Frage sei jetzt: «Kriegen wir es mit einer gesellschaftlichen Anstrengung hin, einen großen Teil unserer Wärme aus Erneuerbaren Energien zu erzeugen?» Marburg jedenfalls marschiert voran.
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Es wird viel zu viel darüber debattiert wie ein Übergang zu erneuerbaren Energien schaffbar w ä r e - das was die Marburger machen könnte ein wichtiges Signal sein, das es wirklich MÖGLICH ist.
Gruß aus Augustin
Constantin