BVZM: Das Kachelmann-Wetter
Medienbote Ausgabe Nr. 454 vom 28. Juni 2006
Jahrzehntelang standen die diplomierten Meteorologen von ARD und ZDF im warmen Studio und verkündeten vor einer langweiligen Landkarte das Hin und Her des Wetters. Die amerikanischen Kollegen hatten schon längst die Dramaturgie des Formats „Wetter“ verstanden und zelebrierten diese kleinen Shows mit einer Dynamik, als ob immer Hurrikane zu vermelden sein. Dann stellte sich ein Schweizer mit windverzaustem Wuschel-Mikrofon auf der bis dato vollkommen unbekannten Insel Hiddensee vor die Kamera, ließ sich bis auf die Knochen nassregnen und fortan war das Kachelmann-Wetter in Deutschland und in der ARD geboren, eine Variante der Wagner-Oper, ohne Chor und Siegfried, aber mit atemberaubender Spannung und Schnelligkeit. Als im März der Verkehrsminister Tiefensee den Grundstein in Offenbach für den 72 Millionen Euro teuren Neubau des Deutschen Wetterdiensts legte, sprach Kachelmann von einem Quasi-Monopol in Sachen Unwetter-Warnung und Verschleuderung von Steuergeldern. So muss man es sehen, wenn Minister Tiefensee bei der Grundsteinlegung sagte: „Es kann und darf in Deutschland nur eine Institution geben, die alle Katastrophenschutzeinrichtungen und die Bevölkerung vor Unwetter warnt.“ Viele Behörden und Feuerwehren setzen aber auch oder ganz auf die Kachelmann-Vorhersagen. Um ein wenig Leben in sein Geschäft zu bringen, will Jörg Kachelmann unter
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kleinteilig Großstädten in den USA das Wetter prognostizieren. Sogar stadtteilspezifisch, so Kachelmann. Weil Kachelmann ein Händchen für Dramatik hat, will er auf dem 4.300 Meter hohen Pikes Peak in Colorado eine Wetterstation errichten. Bei der Grundsteinlegung sollte er mit einer Webcam den Minister Tiefensee grüßen.
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