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Das heftigste Unwetter, das ihr je erlebt habt! 30 Jun 2006 14:28 #129192

  • Nicolas
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Hallo zusammen!

Aus aktuellem Anlass und aus Interesse starte ich nun dieses Thema. Hier soll es darum gehen, die heftigsten Unwetter und die extremsten Wettererscheinungen zu beschreiben, und zwar wie wir sie erlebt haben. Das ganze sollen quasi sowas wie Erfahrungsberichte sein.

Ich mache gleich mal den Anfang. Viele Gewitter habe ich schon gesehen, mit Hagel, sintflutartige Regenfälle und anderes, doch ein Ereignis stellte bisher alles andere in den Schatten.

Lothar.
Damals, am Nachmittag des 26. Dezember 1999, sass ich im Wohnzimmer des Elternhauses. Die Fenster waren verbarrikadiert. Das Licht der Lampe, welche das Wohnzimmer beleuchtete, flackerte alle zwei Sekunden. Stürme sind Stürme, heftige Gewitter sind Gewitter, die vorbeigehen. Doch Lothar war wie Krieg. Der Wind donnerte um unser exponiertes Haus, so dass man das Gefühl hatte, er würde demnächst das Dach wegreissen. Eine Windböe riss Äste eines alten, knorrigen und zurückgestutzten Kirschenbaums in Nachbars Garten mit. Es hörte sich an wie einschlagende Gewehrkugeln, als sie unsere Hauswand trafen.

Seither fehlt auf der gegenüberliegenden Seite des Aaretales ein ganzer Wald. Er wurde von Lothar komplett abgeholzt. Ortsschilder an Strassen wurden samt Ständer ausgerissen und lagen herum. Interessant zudem: die nahe gelegene Wetterstation registrierte nicht einmal 100 km/h. Stürme scheinen ein sehr lokales Phänomen zu sein. In der Zeitung las ich später von einem Windmesser in Brugg, der bis 185 km/h ausgelegt war und bei diesem Sturm zerstört wurde.

Es gab noch andere Unwetter und heftige Ereignisse hier, doch keines war annähernd so intensiv und verheerend wie Lothar. Selbst ein Hagelschauer ist verglichen mit Lothar ein friedliches Ereignis...

Grüsse
Nicolas

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Das heftigste Unwetter, das ihr je erlebt habt! 30 Jun 2006 15:29 #129200

  • Andreas (Fichtelgebirge)
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Hallo Nicolas,

ich glaub so ein schlimmes Unwetter, wie sie oft in den Foren beschrieben werden, hab ich noch nie erlebt.
2001 war ihr mal ein Gewitter das lange angedauert hat, ich glaub das war am 07.07.
Den stärksten Orkan, den ich hier erlebt habe, war Wiebke im Jahr 1990.

Gruß :-)
Andreas

Orkan Wiebke

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Das heftigste Unwetter, das ihr je erlebt habt! 30 Jun 2006 22:09 #129207

  • Markus Mohr
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Hmm,

Gewittermäßig gab es eigentlich nur ein Tag der sich bei mir eingeprägt hat. ich weiß nicht das Datum. Ich weiß nur das ich sechs Jahre alt war (selbst da bin ich mir unsicher) und das es um den 21.Juni rum gewesen sein muss.:

Es ist heiß! Sehr heiß sogar. Das Thermometer klettert immer weiter nach oben und erreicht schließlich die 32°C-Marke. Wäre es nicht so schwül wäre es ja noch erträglich. Aber so schwitzt man sich zu Tode. Jeder Schritt, jede Bewegung eine einzige Qual.
Gut das zur Zeit das Straßenfest in Backnang ist. Das bringt etwas Abwechslung in die unerträgliche Hitze. Doch auch da einfach nur unangenehm. Heißer Fahrwind bläßt einem in der Berg-und-Talbahn ins Gesicht.
Es reicht! Ich verlasse den Rummelplatz und suche schnellsten Weges einen kühleren Ort.
Mehr als vier Stunden sind seitdem vergangen. Meine Schwester feiert gerade Kindergeburtstag und einige der Kinder müßen nach Hause gebracht werden.
Eigentlich möchte ich nicht mit, aber irgendwie sitzte ich wenig später doch auf dem Rücksitz hinter meinem Vater.
Vorbei geht es wieder am Rummelplatz. Ungetrübte Stimmung dort. Weiter geht es am Krankenhaus vorbei Richtung Süden.
Warum bin ich eigentlich mitgefahren? Was langweiligers gibt es ja nicht. Immerhin die Landschaft ist schön. Gelbe Kornfelder und am Horizont kommt die Nacht.
Nacht? Seit wann wird es denn von da dunkel? Ich bin verwirrt. Auch mein Vater hat nun diese schwarze Linie am Horizont erblickt und wird unruhig.
"Was ist denn?"
"Nichts, wir müssen nur schnell nach Hause. Ich bring dich dann gleich ins Bett."
"Was? So früh?"
Er gibt keine Antwort mehr sondern fährt konzentriert und schnell nach Hause.
Die Wand kommt immer näher.
Nun sind wir da. Mein Vater schnappt mich und meine Schwester und rennt zum Haus.
"Was ist denn los?", will meine Mutter wissen.
"Bring die Kinder ins Bett und lass die Rolläden runter! Ich stell geschwind das Auto unter", höre ich ihn noch rufen.
Dann geht plötzlich alles ganz schnell. Die schwarze Wand ist da. Ganz plötzlich!
Sie ist gar nicht schwarz. Sie ist grün! Sie ist dunkelgrün. Und es blitzt immer wieder aus der Wand.
Ich will rausschauen, aber mein Vater lässt den Rolladen runter.
Man sieht nichts mehr.
Aber hören tut man was! Ein heulen, ein rütteln, ein krachen. Mitten drin plötzlich die Schreie meiner Mutter. Was ist da los? In dem ganzen Lärm versteht man fast nichts. Irgendwas ist im Keller. Neugierig luge ich um die Ecke.
Wasser! Aus der Wand spritzt Wasser. Der ganze Keller steht unter Wasser. Meine Mutter wischt und macht, aber es kommt immer mehr nach.
Draußen wird es immer schlimmer. Es knallt, es kracht, es peitscht. Ich bekomme Angst. Meine Schwester heult. Mein Vater nimmt sie in dem Arm und singt ein Lied.
Plötzlich wird es ruhig. ist es vorbei? Anscheinend. Doch plötzlich schlägt was lautes gegen den Rolladen. Dann wieder! Und plötzlich trommelt es, kracht es von neuem. Einer Rolladen splittert. Eis steckt drin.
Das ganze dauerte noch eine Viertelstunde dann war es vorbei.
Mein Vater bringt mich ins Bett.


Das Unwetter hatte einen großen Teils des Plattenwaldes der genau neben unserem Haus beginnt umgemäht. Außerdem flog das Dach einer Geisterbahn auf dem Rummelplatz weg. Zahlreiche Leute wurden durch Hagel verletzt. Und Keller standen nicht nur bei uns unter Wasser.


Gruß markus

P.S: Lothar war das erste extreme Wetterereignis was ich richtig miterlebt habe. Ein Ereignis an das ich mich jetzt und auch noch später erinnern werde. Ein Ereignis was mich auch fasziniert hat und was durchaus auch noch mein Hobby verstärkt hat.
Bei dem eben beschriebenen Unwetter ist halt viel hängen geblieben Dank der Erzählungen meiner Eltern.

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Das heftigste Unwetter, das ihr je erlebt habt! 01 Jul 2006 09:24 #129210

  • ALEX
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Das heftigste Unwetter, das ihr je erlebt habt! 01 Jul 2006 10:23 #129213

  • Constantin
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Tja...

Ich kann auch nicht mit diesen "Extremerlebnissen" aufwarten. An ein Unwetter werde ich mich -auch wenn es im nachhinein nicht so schadensbringend war- trotzdem immer erinnern:

Es war ein heißer und schwüler Tag im Juli 1995 glaube ich. Es waren heftige Gewitter angesagt, vor denen auch im Radio gewarnt worden war. Da wir Schüler schon Ferien hatten, und ich damals schon mit dem Wettervirus infiziert war, wartete ich gespannt was kommen könnte, und beobachtete den Himmel.

Gegen Mittag bildeten sich -nach einem morgen voller Ac cas und floc- schnell große Quellwolken. Nicht mal eine Stunde später schaffte es eine Wolke im SW von uns zu einer Gewitterzelle, die uns mit einigen schönen Blitzen, einem kurzen Regenguß und ein paar Windböen überquerte. Das Teil war so harmlos, dass es noch nicht mal Auswirkungen auf den Pegel des Baches hatte, der durch unseren Garten fließt.

Ich war maßlos enttäuscht. Das Gewitter war viel zu harmlos, und hatte, anstatt die erhoffte abkühlung zu bringen, die herrschende Schwüle noch unerträglicher werden lassen.

Missmutig ging ich dann ins Haus, und widmete mich anderen Dingen.

Bis mich am frühen abend, gegen sieben oder so, ein drohendes Grummeln aus meiner schlechten Laune riss. Ich ging raus und sah ein schwarze, dunkle, drohende Wand, die sich über die umgebenden Berge in richtung Dorf schob. ich blieb erstmal stehen und sah dass es im SW immer dunkler wurde, dann aber hinter dieser schwarzen Wand plötzlich wieder hell, fast weiß!

Ich rannte in den ersten Stock unseres Hauses, zunächst schon wieder leicht enttäuscht, weil ich dachte, in der Annahme dass das "weiß" das ende der Gewitterzelle war, dass es wieder eins von diesen Gewittern sein würde die sich groß ankündigen, dann aber harmlos und nach wenigen Minuten wieder vorbei sind.

Oben angekommen schaute ich aus dem Fenster - und wähnte mich in ein Szenario versetzt was ich sonst im Januar vermutet hätte:

Da war also diese schwarze Walze, die jetzt schon deutlich näher gekommen war, und immer schneller näher kam. unaufhörlich blitzte und donnerte es, die Einschläge kamen immer näher. Das weiß dahinter gewann Kontur, man konnte allmählich Fallstreifen erkennen.

Dann verschwand die erste Hügelkette am Südwestlichen Horizont.

ein paar ungläubige Momente später die nächste, vorgelagerte Hügelkette.

Ich meine verschwand. Die Hügel waren nicht mehr zu sehen, nur diese weiße Wand die sie einfach verschluckte. Sowas kannte ich bisher nur von Schneeschauern im Winter, genau so sah das jetzt auch aus. Aber wir hatten Juli?!

Auch die letzte Hügelkette vor unserem Dorf, etwa drei Kilometer entfernt, wurde "geschluckt", als ob jemand plötzlich ein überdimensionales Stück Papier davor gehalten hätte.

Jetzt ging alles ganz schnell.

Die Walze rollte nun über das Haus hinweg. Sturmböen rissen Äste von unseren Bäumen, ließen die Dachziegel klappern und die Fenster schlagen. Während ich noch beschäftigt war das Fenster zuzudrücken, was gar nicht so einfach war, schreckte mich ein sehr lauter Schlag auf, der auf das Dach knallte.

Es folgte ein weiterer Schlag.

Und noch einer.

Dann knallte etwas auf unsere Fensterbank.

Was nun folgte war etwas was ich davor und danach nie erlebt habe. Hagel, so dicht wie wenn es Schnee wär, enorme Geschosse von mehreren cm durchmesser knallten auf das Dach, zerbasten auf dem Boden, fielen in den Garten und federten dann nochmal wie Flummies vom weichen Boden hoch, und klatschten wie Kieselsteine in den Bach. Das rauschen und der Lärm waren unbeschreiblich.
Donnerschläge waren eigentlich gar nicht mehr zu hören, alles wurde vom Hagel übertönt.

Dies dauerte gute zehn minuten, dann ging der Hagel langsam in leichten (!) Regen über. nach weiteren fünf minuten war alles vorbei, die Zelle zog ab.

Der Garten sah verwüstet aus, überall lag noch Hagel, vermischt mit Blättern. Der Bach führte schmutzig-braunes Hochwasser, in denen Unmengen Blätter, und auch Hagelkörner mitschwammen. Es war deutlich kühler geworden - und doch konnte man am SW-Horizont einen neuen , heftigen Tower eines Cb erkennen der sich näher schob.

Eine Stunde später brachte dieses Teil erneut, diesmal aber kleinen, Hagel.

Am nächsten morgen war in der Zeitung zu lesen dass das Unwetter Millionenschäden angerichtet hätte, unzählbare autos wären zerdellt worden.

Es misst sich sicherlich nicht mit dem was man in den Foren lesen kann. Aber so etwas reicht mir allemal; als Dachgeschossbewohner mit Dachfenstern möchte ich mehr auch wirklich nicht erleben. Ein Unwetter wie in Villingen - Schwenningen wäre für mich und meine Freundin katastrophal, existenzgefährdend.

Gruß aus Augustin

Constantin

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Das heftigste Unwetter, das ihr je erlebt habt! 01 Jul 2006 14:24 #129220

  • Kerstin
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Eines der heftigsten Unwetter, an die ich mich erinnere, war im Mai vor 21 Jahren. Ich war damals 17 und wohnte noch bei den Eltern auf dem Bauernhof, der außerhalb des Dorfes liegt.

Es war ein Sonntag und am späten Nachmittag zog ein starkes Gewitter auf. Es blitzte und donnerte stark, aber der Regen war wie eine Sintflut. Es goß wie aus Eimern und das hielt lange an. Nennenswerte Fernsicht gab es da nicht mehr. Das Wasser schoß über die Straße, über unseren Hof und in die Scheune. Da lagen Heu und Stroh auf dem Boden, die das Abfließen des Wassers sehr behinderten. Wir waren noch in der Scheune beschäftigt, ich hatte die hintere Tür aufgemacht, die Schafe in die Scheune geholt und wir schoben nasses Heu heraus, damit das Wasser nach hinten auf die Wiese abfließen konnte. Aber es kam soviel von der Vorderseite nach, daß der Pegel anstieg und das Wasser schließlich die Stufe zum Stall überstieg. So floß es auch den Stallgang entlang. Eilig habe ich das Jaucheloch zugestopft, damit die Jauchegrube nicht überlaufen konnte. Sonst hätten wir die Jauche im Keller gehabt. So machten wir die Tür zur Miste auf und ließen das Wasser dahin ablaufen. Da kam es auch schon den Hühnerhof wie ein breiter Strom herunter, der sich aber bei der Miste auf die Wiese ergoß.

Unterdessen schüttete es munter weiter. Bei den ganzen Arbeiten in Scheune und Stall - die Kühe und Schweine waren am Durchdrehen - hatte keiner Zeit, so richtig zuzugucken, was sich draußen tat. Plötzlich sah einer von uns, daß ein Strom vom Alraftsberg herunterstürzte und über die Straße weg in unser Feld lief. Dieses Bild war so unglaublich, daß wir uns das gegenseitig bestätigen mußten, weil keiner seinen Augen trauen wollte. Dann kam noch ein Strom von der Schiefen Seite herunter, der sich dem anschloß, was durch unsere Scheune flutete. Von den oberen Fenstern aus konnten wir dann noch einen Strom ausmachen, der den Rollborn herunterschoß. Mein Opa konnte sich nicht erinnern, sowas schon mal gesehen zu haben.

Irgendwann heulte die Sirene. Da wir abseits vom Dorf wohnten, wußten wir nicht, daß noch viel größere Flutwellen von Eichholzgraben und Alraftsgraben quer durch das Dorf und die Häuser gegangen waren.

Als das Gewitter nachließ, schickte mein Opa mich an den Orthberg, um nachzusehen, wie unsere Rinder das Unwetter überstanden hätten. Die waren zwar naß, aber gesund. Aber auf dem Weg dahin mußte ich durch die am schlimmsten betroffenen Teile des Dorfes. Eine mannshohe Flutwelle hatte hier schwere Schäden angerichtet. Ein großer Felsbrocken war mitgeschwommen, hatte einen Schafstall zertrümmert, tote Schafe lagen herum, Schlamm, Geröll, Wasser, und alles mögliche, was mitgerissen worden war.

Beim Ortsvorsteher war die Welle regelrecht durch das Haus gegangen. Als ich hinkam, stand es im Erdgeschoß noch kniehoch. Der Pinkelpott des Opas schwamm auf den Wellen von Zimmer zu Zimmer. Karl-Heinz wäre fast im Keller ertrunken, kriegte die Tür nach oben nicht mehr auf wegen dem Druck. Seine Frau hörte ihn schreien und zu zweit hatten sie es geschafft, eine Flutwelle stürzte mit ihm in den Flur.

Ich habe zu Hause angerufen, damit meine Eltern kommen und helfen sollten. Bei uns war ja kein Wasser im Haus und in der Scheune konnte man nichts mehr tun als trocknen lassen. Dann habe ich den ganzen weiteren Abend damit zugebracht, die Speisekammer zu putzen. Wann immer ich dachte, ich wäre nun fertig, kam wieder eine Ladung Schlamm hinter der Fußleiste herausgequollen. Feuerwehr und Bauern waren damit beschäftigt, die Straßen wieder freizumachen und Schlamm wegzufahren. Die Frauen haben versucht, das Schlimmste in den Häusern zu beseitigen. Vieles war unwiderbringlich kaputt, Schuhe zum Beispiel.

Soweit mein Bericht, wie ich das erlebt habe. Da wir uns schon früh um das Wasser bei uns in Stall und Scheune kümmern mußten, war wenig Zeit, das Gewitter an sich zu beobachten. Die Schäden waren aber um so nachhaltiger. Das war das erste Mal, daß die Flutwellen von Alraftsgraben und Eichholzgraben durch das Dorf gekommen waren. Danach ist das alle paar Jahre wieder vorgekommen. Die Betroffenen haben selber einiges unternommen, uim künfitge Schäden in Grenzen zu halten, also Kellerfenster zugemauert, Abflüsse verbessert, Schutzmauern errichtet usw. Jetzt baut die Stadt Rückhaltemaßnahmen, die sich erst noch bewähren müssen.

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Das heftigste Unwetter, das ihr je erlebt habt! 01 Jul 2006 16:52 #129222

  • Christian
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Es ist zwar ein wenig schwierig, ältere Erinnerungen mit jüngeren abzuwägen, aber dennoch meine ich korrekt sagen zu können, daß das heftigste Unwetter, welches ich bislang erlebt habe, in der jüngeren Vergangenheit stattfand, und zwar am 23. Juli 2004.

Nach einer schwül-heißen Woche mit häufigen, teils auch heftigen Gewittern in Mitteleuropa, welche Offenbach bis dato aber nur streiften oder ganz mieden (immerhin einmal mit interessantem Wetterleuchten nachts), sollten eigentlich schon in der Nacht zum 23. Juli teils heftige Gewitter über Hessen ziehen, für den Tag selbst wurde nochmal am Mittag mit einem Aufleben der Gewitteraktivität gerechnet, anschließend Abkühlung und nachhaltige Wetterberuhigung. Es war also wieder einmal der Abschluß einer Gewitterperiode und damit die vorerst letzte Chance, ein Gewitter zu erleben. Glücklicherweise hatte es schon am 08. Juli ein kräftiges Morgengewitter mit 27 mm innerhalb einer halben Stunde und ordentlichen Naheinschlägen gegeben. Der erste große Hunger nach den an Gewittern überaus mageren Jahren 2001, 02 und 03 war damit schon ein wenig gestillt. Aber welcher Gewitterbegeisterte gibt sich mit einem Einzel-Ereignis zufrieden, wenn es gar nicht weit weg fast täglich knallt? Zudem nach drei Frustjahren?

So war die Spannung am Abend des 22. nach 31.3°C Höchsttemperatur und deutlicher Schwüle recht groß und statt Schlafengehen trieb mich eine gewisse Unruhe immer wieder ans Fenster, um den West- und Südwesthorizont nach verdächtigen Entwicklungen abzusuchen. Leider tat sich, von ein wenig Cirrus und Cirrocumulus abgesehen, überhaupt nichts. Es würde doch nicht wieder am Vormittag durchziehen wollen, einer Tageszeit, in welcher Gewitter in der Regel am schwächsten sind und sich erfahrungsgemäß über uns neu bilden, um östlich zu einer Linie zu werden? Zudem würde ich bis zum Abend nicht zu Hause sein, sondern einem Freund beim Umzug von Griesheim bei Darmstadt zurück nach Offenbach helfen (knapp 40 km südwestlich von hier). Es wäre also der ungünstigste Tag für ein Gewitter in der ganzen Woche...

Nach einer unruhigen Nacht im heißen Dachgeschoß stand ich recht zeitig auf und rüstete mich für den Umzug. Ein Blick aus dem Fenster bestärkte mich in meiner Befürchtung, die Sache könne zur falschen Zeit losgehen. Diverse Cirrusarten, Altocumuli, Cumuli und eventuell entfernte Cbs tummelten sich bei völliger Windstille am Himmel - der typische chaotische Gewitterhimmel. Die Temperatur war nach einem Minimum von 18,5°C bereits bis 9 Uhr auf 22°C gestiegen. Etwas mißgelaunt machte ich mich zum Umzug auf.

In Richtung Griesheim wurde der Himmel immer lichter, die Strukturen unverdächtiger. Bei großer Schwüle war die Kleidung bereits nach dem Schleppen weniger Kisten und Möbelteile durchnäßt. Glücklicherweise lag die Wohnung nur im ersten Stock. Als der Kleintransporter voll war, ging es zum ersten Mal zurück nach Offenbach, wo das Himmelbild zwar noch etwas diesig war, jedoch nicht mehr verdächtig. Harmlose Cumuli, letzte Altocumuli, ein wenig Wind. Gewitter würde es vorerst keine geben. Dennoch machte einem die drückende Schwüle ordentlich zu schaffen, zumal es nun vier Altbaustockwerke mit engem Treppenhaus ohne Aufzug zu überwinden galt. Das Bett bekamen wir fast nicht hindurch. Die Kleidung klebte, aber irgendwie fiel das kaum noch auf.

Am frühen Nachmittag ging es zur hoffentlich letzten Fuhre zurück nach Griesheim. Ab etwa 16 Uhr schlug mein Herz höher: im Süden, später auch im Südwesten, bildeten sich in raschem Tempo dicke Quellwolken. Es waren klassische Hitzegewitter, welche nach einigen geraden, unverzweigten Blitzen und einem kleinen Gebiet dichter Fallstreifen wieder zusammenfielen, während sich etwas versetzt neue bildeten. Eines schaffte es auf ca. 3 km heran, lieferte nettes Grollen und ein paar dicke Tropfen.

Nach 18 Uhr schien es mit den Einzelzellen vorbei zu sein, im Westen wurde es in breiterer Linie dunkler, es blitzte häufiger. Nun die schwere Entscheidung: die restlichen Kisten waren verstaut, die Fahrt nach Offenbach konnte losgehen. Jetzt, wo sich eine Gewitterlinie zu bilden schien. Zu Hause würde garantiert nichts sein, und da sollte ich jetzt hin? Nichts zu machen, ich wollte die anderen nicht im Stich lassen. Ich sagte noch scherzend, daß einem gemütlichen Ausladen nichts im Wege stehe, denn Offenbach werde von Gewittern sowieso meist gemieden...

Nicht in Griesheim zu bleiben, stellte sich als die absolut richtige Entscheidung dar. Denn jetzt ging die Fahrt in das eindrucksvollste Gewittererlebnis meines Lebens. Schon auf dem Rückweg kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Bei Langen (ca. 15 km südsüdwestlich von Offenbach) thronte augenscheinlich eine Superzelle mit einer westlich scharf abgegrenzten Fallstreifenfläche. Wie mit dem Lineal gezogen war die Grenze. Auf der Autobahn (A 661) Richtung Norden bot sich eine weitere höchst interessante Erscheinung. Durch die diesige, seitlich vom Sonnenlicht angestrahlte Luft konnte man eine Art gelblichen Nebel ausmachen, welcher im Bereich Frankfurt/Offenbach zusammengesaugt zu werden schien. Besondere Wolkenstrukturen waren nicht zu erkennen, zu diffus war die ganze Suppe. So etwas hatte ich noch nie gesehen!

Gegen 19:30 Uhr kamen wir im Elternhaus des Freundes auf einer leichten Anhöhe im Südwesten Offenbachs an. Der Himmel verdunkelte sich zusehends, die Wolken schienen sich aus allen Himmelsrichtungen ineinander zu bewegen, wie kleine Strudel eines schnellen Flusses wurden Aufwindbereiche sichtbar. In der Ferne hörte man es Grummeln. Ein Zentrum war nicht auszumachen. (Daß die Wolken sich tatsächlich ineineander bewegten, ja, daß über dem Süden Frankfurts und Offenbachs drei Gewitter miteinander verschmolzen, zeigt der Bericht vom Wetterfuchs aus der WZ - siehe Link).

Rasch suchte ich mir einen hervorragenden Beobachtungsposten im ersten Stock des Hauses, von wo aus ich von OSO, SO, S, SW bis WSW alles überblicken konnte. Gegen kurz vor 20 Uhr begann das Spektakel. Von Süden her näherten sich teils äußerst dicke Linienblitze. Manche kaum, manche stärker verästelt. Da es noch nicht regnete, konnte man das helle, scharfe krachen der Donner wunderbar genießen. Die Blitzrate legte deutlich zu, zunehmend gingen mehrere Entladungen gleichzeitig nieder. Etwa zwanzig Minuten lang gab es bei völliger Trockenheit ein grandioses Blitzfeuerwerk mit unzähligen Naheinschlägen und atemberaubenden Krachern.

Dann rauschte binnen kürzester Zeit aus südöstlicher Richtung eine dunkelgraue, von schneeweißen Streifen durchsetzte Niederschlagswand heran. Wie dichter Nebel verhüllte sie die tieferliegenden Stadtteile, bis kaum noch die gegenüberliegenden Häuser zu sehen waren. Das Blitzfeuerwerk mit Naheinschlägen ging dabei munter weiter. Gegen 21 Uhr setzte sich das Schwergewitter dann zügig ostwärts in Bewegung. Noch lange war es als schwarze, blitzende Wand zu sehen.

Während es an meinem Beobachtungsstandort nur Starkregen, aber keinen Hagel gab, fiel zu Hause im NO der Stadt nach Aussagen meines Vaters in den ersten zehn Minuten nur Hagel (von Kirsch- bis vereinzelter Walnußgröße), so daß einige Pflanzen durchlöchert und die Rolläden leicht eingedellt wurden. Zudem verstopfte der Hagel den Abfluß unterhalb der Kellertreppe, so daß wir einen leichten Wasserschaden hatten. In der Umgebung stand jede leichte Senke knietief unter Wasser, in der Innenstadt gar hüfthoch. Von offizieller Stelle wurden 54 mm gemessen. Da ich damals leider noch keinen Hellmann besaß, sondern den üblichen Baumarktregenmesser, welcher mit Hagel vollgestopft war, konnte ich keine eigenen aussagekräftigen Werte ablesen. Die Höchsttemperatur betrug übrigens 31,6°C. Damit war es wärmer, als vorhergesagt.

Während ich im SW der Stadt direkt unter der Verschmelzungszone lag, wodurch kein klassischer Gewitteraufzug zu beobachten war, ergab sich im NO ein anderes Bild. Meine Mutter berichtete, es sei im S und SW immer bedrohlicher geworden, habe immer wilder und näher geblitzt, dann habe sich der Himmel zunehmend dreckig gelb-braun bis grün gefärbt und nach wenigen Naheinschlägen habe bereits Hagel eingesetzt.

Viele Grüße
Christian

Link: Analyse vom Wetterfuchs

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Das heftigste Unwetter, das ihr je erlebt habt! 01 Jul 2006 19:43 #129226

  • fabile
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...die Luft drückend heiss, ich schliesse im Hotel alle Läden, nur ein Gast im Haus und sage dem noch, er solle den Fensterladen geschlossen halten, es könnte etwas kommen. Schaue nochmals kurz raus auf den See und sehe auf einmal eine schwarze Linie auf den Hafen zukommen. Sekunden später bricht die Hölle los, Sonnenschirme fliegen durch die Gegend, es beginnt zu schütten und extreme Winde heulen durch die Gegend, Sicht = 0, ca. eine halbe Stunde später ist der Spuk vorbei. Totenstille, Ziegel liegen auf verstreut auf dem Fischmarktplatz, der Verkehr ist zusammengebrochen, keine Züge fahren, es ist totenstill.

Fazit: weitaus stärker als Lothar und auf einer Fläche von ca. 35 x 35 km grössere Schäden als Lothar oder Vivian und leider 1 Tote.

Als erstes rufe ich den Dachdecker an, der meint nur, er hätte meinen Anruf schon erwartet!

Gruss Andreas

Siehe auch:

http://www.prb.ch/html/____sturmschaden.html

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Das heftigste Unwetter, das ihr je erlebt habt! 02 Jul 2006 00:11 #129228

  • Gitte vonne Mosel
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1979, ich war 13 Jahre jung, gab es am späten Nachmittag ein schweres Gewitter mit Starkregen und Hagel. Kurze Zeit nach dem es aufgehört hat zu regnen gingen bei uns die Feuerwehrsirenen (Riol/Mosel). Durch die heftigen Regenfälle und den Hagelschlag, trieben Weinberge, Wasserläufe und Straßen aus im Nachbarort Mehring. Dadurch verstopfte ein Durchlass am Übergang des Mühlenbachlaufes, der Überweg zerbrach.
Eine Schlammlawine verwüstete große Teile des Ortes. Sie riss mit was ihr im Weg stand. Es wurden Häuser stark beschädigt, Garagen weggerissen und Autos weggeschwemmt.
Besonders betroffen war das Autohaus Scholtes in Mehring in dessen Ausstellungs-Keller mehrere Neuwagen zerstört wurden.
Zu Aufräumarbeiten war sogar die Bundeswehr mit schwerem Gerät im Einsatz. Alles musste über unseren Ort fahren da Mehring wegen der abgerutschten Weinberge über die B53 nicht mehr erreichbar war. Von Hermann, meinem Rettungsdienstkollegen weiß ich, das sie auf dem Weg nach Mehring zwischen Riol und Mehring auf der überfluteten Nebenstraße den Krankenwagen beinahe versenkt hätten. An die Zeitungs- und Fernsehbilder kann ich mich auch heute noch sehr gut erinnern.

Grüße vonne Gitte

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Das heftigste Unwetter, das ihr je erlebt habt! 02 Jul 2006 23:05 #129247

  • Tobias Ferrari
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Für mich war hier in Wohlen der frühe Morgen des 24.06.2002 DAS Unwetter der Unwetter. Einige von Euch kennen diesen Bericht schon, ich hatte ihn im alten Forum mehrmals verlinkt...

http://www.wetterstation-wohlen.ch/wetter.php?seite=spezial/presseberichte/24.06.2002

Gruss
Tobias

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Der Weise sagt nicht alles was er denkt, aber er denkt alles was er sagt.
www.wetterstation-wohlen.ch

Das heftigste Unwetter, das ihr je erlebt habt! 02 Jul 2006 23:40 #129248

  • Nicolas
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Hallo Tobias!

Ja, dieser legendäre 24. Juni 2002 - das war tatsächlich übel. Etwa drei Tage zuvor hatten wir damals übrigens noch einen Hagelschauer mit 4 cm grossen Körnern. Das war noch richtig "Action"! Auch wenn einige Auto-Besitzer das anders sahen. ;)

ps. freut mich dass dieser Bericht noch online ist! Hatte ihn mal gesucht, aber fand ihn auf der "offiziellen" Webseite nicht mehr. Es ist einer meiner Lieblingsberichte im Internet geblieben... beonders so Details wie die Schadenfreude wegem dem Zug nach Muri-Rotkreuz etc. :D

Für mich hatte der legendäre 24.06.2002 übrigens ebenfalls direkte unerwünschte Folgen. An diesem Tag, nach meiner Erinnerung ein Montag, fand eine Exkursion der ETH statt, an der ich teilnehmen sollte. Treffpunkt morgens in Zürich, danach Weiterfahrt von dort. Ich hatte dann im Radio von "Problemen" gehört und nahm zur Sicherheit einen früheren Zug. Doch da war nichts mehr: Zug musste Umweg fahren, Lenzburg unmöglich, dazu riesen Zugstau und die ganze Zeit nur Stehen oder Schritttempo. Wir trafen mit ca. einer Stunde Verspätung in Zürich ein, Exkursionsgruppe war natürlich längst verpasst und ich konnte direkt wieder heimreisen. ;)

Grüsse
Nicolas

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