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Ein Jahr danach: So erging es den Schnee-Geschädigten 10 Feb 2007 08:01 #137362

  • Markus Brotschi
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Bayerwaldbote (Zwiesel) vom Samstag, 10. Februar 2007

Ein Jahr danach: So erging es den Schnee-Geschädigten

Viele blieben auf den Kosten der Katastrophe von 2006 sitzen


Zwiesel. Es gibt kaum einen Einheimischen, der nicht auf Anhieb sagen könnte, was vor einem Jahr im Zwieseler Winkel geschah. Die Schneekatastrophe vom Februar 2006 mit Millionen-Schaden hat sich in das Gedächtnis der Waldler gebrannt. Und wie ging es weiter? Der Bayerwald-Bote sprach mit Wiederaufbauern, Versicherungs-Enttäuschten und Beihilfe-Abgewiesenen.

»Nullkommanullnichts«, das ist es, was »Ambiente«-Seniorchef Norbert Hantich von Vater Staat bekommen hat, nachdem das Unglück im wahrsten Sinn des Wortes über ihn hereinstürzte. Hantichs Glas-Lagerhalle an der Röckkellerstraße brach am 10. Februar 2006 unter der Last des meterhohen Schnees zusammen. Wie viele andere Schnee-Geschädigte hätte Norbert Hantich gern die von Seiten der Politik versprochene »unbürokratische und schnelle Hilfe« beim Wiederaufbau in Anspruch genommen. Aber bald war klar: Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Beihilfe vom Staat gab es nur für »nicht versicherbare« Schäden. Das sah bei Norbert Hantich so aus: Das Gebäude war versichert, und da zahlte die Versicherung ohnehin. Der Inhalt aber, Tausende von Gläsern, war nicht versichert, hätte aber versichert werden können. Diese Scherben brachten der Firma alles andere als Glück. Noch heute kämpft sie darum, sich von dem immensen Schaden dieses 10. Februar 2006 erholen zu können.
Gretl Weiderer aus Lindberg war fast ebenso am Boden zerstört wie ihr eben zusammengebrochener Stadel, als sich am 10. Februar 2006 nach Minuten des atemlosen Schreckens die Heustaub-Wolken verzogen hatten. Die mit dem ebenfalls zerstörten Stadel des Nachbarn Georg Weiderer zusammengebaute Scheune enthielt im darunter liegenden Stall, wo früher die Kühe standen, den Holzvorrat des Winters. Außerdem enthielt dieser Stadel hunderte von Erinnerungen - auch für die Luserer Nachbarn, die bedrückt erkannten, dass mit den beiden Stadeln unwiederbringlich ein Stück Alt-Lindberg in Schutt und Trümmern lag.

Unter allergrößten Mühen gelang es dem Sohn und der Schwiegertochter, doch noch einen Teil des Brennholzes zu bergen. Der andere Teil wurde bis zum Sommer hin kräftig von den Niederschlägen eingenässt - »den hon i dann g'heigt«, schmunzelt die »Fischer-Gretl«, die ihren Humor längst wieder gefunden hat. Sie hatte aber in Sohn Max und Schwiegertochter Gabi, dem Schwiegersohn und den Enkeln auch wirklich tatkräftige Helfer beim Wiederaufbau. Urlaub, Ferien, freie Tage wurden in den Dienst der guten Sache gestellt.

Aus dem Weiderer-Waldteil in Oberlindbergmühle stammt das Bauholz. Es kamen die Maurer und Zimmerer, die im Weiderer-Familienclan stets einsatzfreudige Handlanger und in Gretl Weiderer eine ebenso einsatzfreudige Brotzeit-Lieferantin hatten. 26 000 Euro Kosten liefen für den neuen Stadel trotz Eigenleistung auf. Der zusammengebrochene Stadel war nicht versichert. Unbeschadet hat den Einsturz ihrer Behausung die Katzen-Großfamilie überstanden, die von jeher im Fischer-Doppel-Stadel daheim war. Die Miezen sind nach wie vor pünktliche Kostgängerinnen bei Gretl Weiderer und ihrer Nachbarin Anna Weiderer.

Am 18. Dezember letzten Jahres verließen die Handwerker die letzte von der Schneekatastrophe verursachte Baustelle bei der Baugenossenschaft Zwiesel. Geschäftsführer Josef Stangl konnte die Akten schließen hinter ein Jahr, das ihm, wie man im Waldland sagt, »a Haut abzog'n hot«. Fast 30 Gebäude hatte die Schneekatastrophe in Mitleidenschaft gezogen. Sie mussten abgeschaufelt werden. Dazu waren zwei Firmen angeheuert worden, die Feuerwehr half und auf den Flachdächern waren auch noch die Mieter mit Schaufel und »Schneehexe« zugange. Zwischen 25 000 und 30 000 Euro hat das Abschaufeln gekostet.

Die Dachstühle der älteren Mietshäuser gingen nicht unbeschädigt aus der Schneekatastrophe hervor. Meist waren es die Fußpfetten, die vom tonnenschweren Gewicht nach außen gedrückt wurden. Sie mittels Seilen zusammenzuspannen, dazu in der Dachstuhlmitte ein Riegelwerk anzubringen, das war die Arbeit eines ganzen Sommers und Herbstes. Was das Ganze gekostet hat, darüber wird derzeit noch abgerechnet.
Ein Schneekatastrophen-Kapitel für sich ist für die Baugenossenschaft die Sache mit der Elementarversicherung. Im Dezember 2005 hatte der Geschäftsführer den geradezu hellseherischen Entschluss gefasst, den Entscheidungsgremien vorzuschlagen, die Häuser elementarversichern zu lassen und somit auch gegen Schneeschäden zu wappnen. Im Januar wurde der Beschluss gefasst und der Antrag an die Versicherung weitergeleitet. Genau am 10. Februar, dem Tag, als im Zwieseler Winkel Katastrophenalarm ausgelöst wurde, kam der Antrag zurück. »Abgelehnt«! Nach der Schneekatastrophe wurde erneut ein Versicherungsantrag gestellt - und genehmigt, allerdings mit einer horrenden Beitragssumme und etlichen negativen Ausnahmeklauseln.

»Unsere Gegend wurde von der Versicherung als Katastrophengebiet eingestuft«, hat Geschäftsführer Stangl erfahren. Und sich ausgerechnet, dass er mit diesem enormen Jahresbeitrag allen Dächern der Baugenossenschaftshäuser jährlich einmal eine Räumung verpassen lassen könnte . . .

(Der Bayerwald-Bote hat für alle, die sich mit dem Gedanken an eine Elementarversicherung für ihre Häuser tragen, bei einem Versicherungsfachmann nachgefragt und erfahren, dass nicht alle Versicherungsunternehmen die Beiträge für ihre Elementarversicherungen erhöht haben. )

»Fanglnei«, so präsentiert sich der neue Stadel von Klaus und Manuela Berndl in Frauenau-Dörfl. Am 10. Februar 2006 lag hier ein wildes Gewirr aus Schneehaufen, zerborstenen Balken, Heuballen, Kraftfuttersäcken, Lagerholz, zerstörten Landwirtschaftskleingeräten. Lediglich die »Um-Eifohrt«, die besonders standfest konstruierte Stadeleinfahrt auf die obere Tenne, hatte dem Druck des tonnenschweren Schnees standgehalten - ein Glück für die darunter stehenden Maschinen.
Der vom Schnee gedämpfte dumpfe Aufprall des zusammengedrückten Stadels um halb drei Uhr nachts war von der Bauersfamilie im Gebäude gegenüber als Dachschneeabgang gedeutet worden. »Owa wia i noch ana Zeit vom Fenster ausseg'schaut hon - Jessas naa, do hon i d' Flanitz g'sehng«, erinnert sich der Altbauer Sepp Berndl. Die handbehauenen Balken des Stadels, der bislang die Sicht nacht Flanitz verdeckte, waren wie Zündhölzer abgeknickt. 1873 war die Scheune gebaut worden. Schon damals hatten die Hofbesitzer »in d' Flanitz umeg'sehng« - kurz zuvor war ihr Stadel abgebrannt. Für den neuen Stadel, der mit der von der Versicherung ausgezahlten Summe schon im Frühsommer 2006 erbaut werden konnte, hoffen die Berndls auf ein besseres Schicksal.

Lokalteil Zwiesel: [url=http://www.]http://www.[/url] pnp. de/zwiesel

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