Hallo ins Forum!
Nach längerer Abstinenz, bedingt durch eine 12-tägige Südfrankreich-exkursion, melde ich mich heute zurück. Die Exkursion führte in das Gebiet der "Lodeve", rund um den See "lac Salagou", ein beliebtes Wander- und Ausflugsgebiet, das eine Wildromantische Landschaft aufweist.
Da wir Exkursionsbedingt täglich zwischen 8 und 10 Stunden im Gelände waren und kartiert haben konnten wir das Wetter natürlich "hautnah" miterleben. Und so kam ich in den (zweifelhaften) Genuss, ein volle Woche lang einen der berühmtesten und auch berüchtigsten Winde Europas "Live" und draußen zu erleben: den "Mistral", den schon die Römer kannten und fürchteten, und ihm schon damals den Titel "magistralis" (meisterlich) verliehten.
Der Mistral ist ein kalter Nordwind, der entsteht, wenn kalte Luftmassen nach Süden vordringen, und dabei auf die Alpen als Barriere treffen. Die Luftmassen müssen daher ausweichen, und werden dann westlich der Alkpen mit Gewalt durch das Rhonetal gepresst. Wenn sie auf das warme wasser ees Mittelmeers treffen entsteht dort dann oft noch ein Genuatief, das die Luftmassen noch zusätzlich ansaugt und den Mistral weiter anheizt; einmal eingefahren, kann sich so eine wetterlage mehrere Tage am Stück halten, bei und dauerte sie gar ein volle woche.
Der Mistral brachte eine sehr einschneidende Wetterwende, waren es am Anfang noch bei deutlich über 20 Grad sonnig und warm, fiel die Temperatur mitte letzter Woche bei Nordsturm auf unter 10 Grad, komplett garniert mit einzelnen Graupelschauern und sogar einem Schneeschauer (!), und das nur 50 km vom Mittelmeer entfernt.
Das besondere an diesem Wind war: Man konnte ihm nicht entfliehen. Er war einfach überall, man hörte ihn pfeifen und an den Türen rütteln, wenn man im Haus war, im Gelände bogen sich die Kiefernwälder, überall herrschte ein enormes tosen und rauschen des Windes, der durchs Gelände jagte. Der wind war so stark, dass er Bäume umknickte, kleine Binnenseen wie eben auch der "Salagou" wurden zu kochenden, aufgewühlten und schäumenden Gewässern, auch mitten am Tag konnte man es kaum ohne Handschuhe und Mütze aushalten, weil der Wind schneidend kalt war.
Ich verstehe jetzt, warum die Menschen im Rhonetal die Nordseiten ihrer Gärten mit hohen Bäumen bepflanzen, um Schutz vor dem Mistral zu gewinnen.
Ein vergleich mit "heimischen" Winden ist schwierig; am ehesten kann man ihn mit einem NW-Sturm vergleichen, jedoch mit trockener Luft, der die Lippen auf Dauer spröde macht. Nach drei Tagen Mistral hatte ich schon so genug von der ständigen präsenz des Windes, dass es mir anfing auf die nerven zu gehen, nach fünf tagen ertappte ich mich einmal dabei wie ich laut Fluchend gegen den tosenden Wind anzeterte, weil ich die Schauze gestrichen voll hatte, und auch mal wieder "Ruhe" haben wollte. Dieses "genervte" ging vielen aus unserer Gruppe so, man war einen Sturm gewöhnt, aber nicht einen von solch einer Dauer. Die Dörfer entlang des Sees wirkten während der "Mistral"-Woche wie ausgestorben, es war kaum eine Menschenseele auf der Straße, allenfalls ein paar unentwegte, die, gebückt gegen den Sturm ankämpfend, Einkaufstüten mit dem nötigsten nach Hause brachten.
Die maximalen Böen dürften mitte der Woche bei etwa 10 Bft. gelegen haben, was auch die umgeknickten Bäume erklären würde. Da der "Salagou" am Südrand des Central Massifs liegt, bekamen wir nur sehr wenig Niederschlag ab, dafür oft wunderschöne Lentis bei sonst sonnigem Himel und einer Fantastischen, oft über 60 km weiten Fernsicht bis zum Mittelmeer.
Es war eine wirkliche Erleichterung, als der Wind am Samstag endlich nachließ und am Sonntag ganz einschlief. Wieder normal aus dem Haus gehen zu können, sich zu sonnen und keine angst haben zu müssen, dass einem alles wegfliegt war wunderbar, obwohl es eigentlich völlig normal ist.
anbei ein paar Bilder:
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Der "lac du Salagou": hier wurde die Kartierungsexkursion durchgeführt.
Bei Mistral mutierte der sonst beschauliche See zum wilden Binnengewässer. Für Kitesurfer waren es allerdings paradiesische zustände im sonst eher schwachwindigen Südfrankreich-warme Neoprenanzüge Vorausgesetzt.
Blick auf das sonnenbeschienene Mittelmeer vom "Montagne de Viausson", en über 500m hoher Berg in Seenähe. Auf der Nordseite konnte man am letzten Tag die Schneebedekcten Gipfel des Central massifs erahnen
typisch bei Mistral: Föhneffekte erzeugen Lentis-und dramatische Wolkenstimmungen
Hierum ging es: Geologische Kartierung des Gebiets, sprich: Gesteinsbestimmung. Das bild zeigt fossile versteinerte Trockenrisse der "Salagou-Formation"-mehrere Millionen Jahre alt.
Ich hoffe ich konnte einen kleinen Eindruck vermitteln. Der Mistral trägt meiner Meinung nach seinen berühmten Namen und seinen ruf nicht zu Unrecht und dürfte eines der beeindruckendsen und einschneidensten lokalen Windsysteme Europas sein. Ich bin daher durchaus Froh ihn einmal "Live" erlebt zu haben, auch wenn die umstände ruhig etwas besser gewesen sein könnten.
Gruß aus Augustin
Constantin