Die Schafskälte
Die Schafskälte ist eine meteorologische Singularität, damit werden Wetterlagen bezeichnet, die zu einer bestimmten Zeit im Jahr häufig vorkommen. Dazu gehören etwa die Hundstage (Ende Juli/Anfang August), der Altweibersommer (Ende September) oder das Weihnachtstauwetter (Dezember). Die Schafskälte, ein sehr häufig Mitte Juni in Mitteleuropa auftretender Kaltlufteinbruch aus Nordwesten, der von unbeständigem, regnerischem und windigem Wetter begleitet wird und einen markanten Temperaturrückgang verursacht. Nicht jede nasskalte Phase im Juni darf als Schafskälte bezeichnet werden, sondern nur der Zeitraum vom 10. Juni bis zum 20. Juni. Laut Meteo Schweiz trat in der Vergangenheit in unserer Region die Schafskälte am häufigsten zwischen dem 13. und 16. Juni auf.
Die Ursachen für das Phänomen Schafskälte sind in der Temperaturdifferenz zwischen Festland und Ozean zu sehen. Zu dieser Jahreszeit ist das europäische Festland deutlich wärmer als der nahe Atlantik. Durch die aufsteigende warme Luft über dem Festland entwickeln sich immer wieder Tiefdruckgebiete über Mitteleuropa. Liegt das Tief über Skandinavien, der Ostsee oder Tschechien wird auf seiner Rückseite kalte Luft von Island zu uns geführt und es kommt zu einer markanten Abkühlung. Bei einer "richtigen" Schafskälte ist die Temperatur im Vergleich zum langjährigen Mittel etwa 4 Grad kühler. Im weiteren Verlauf des Sommers gleichen sich Land- und Wassertemperaturen immer weiter an, womit die Kaltluftvorstöße immer geringere Ausmaße haben.
Die Herkunft des Begriffs "Schafskälte" wird darauf zurückgeführt, dass die nasskalte Witterungsphase im Juni den frisch geschorenen Schafen übel mitspielen kann.
In der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts trat die Schafskälte Mitte Juni mit grosser Regelmässigkeit ein. In Deutschland trat dieses Phänomen in den Jahren 1881 bis 1947 zu 89 Prozent auf. In den letzten Jahren verkam die Schafskälte dagegen eher zum Mythos, ähnlich den Eisheiligen im Mai.
Der Monat Juni zeigte sich in den letzten Jahren oft von seiner hochsommerlichen Seite. In guter Erinnerung ist die Rekordhitze vom Juni 2002, welche bereits im Jahr darauf von der extremen Junihitze 2003 nochmals massiv übertroffen wurde. Heiss waren auch die Junimonate 2005 und 2006. Bei meinen Aufzeichnungen seit 1997 trat die Schafskälte in Schwörstadt in den Jahren 1998, 2001, 2008, 2010 und 2011 auf.
Nach dem 2,3°C zu kalten Mai bleiben wir wenigstens dieses Jahr von der Schafskälte verschont. Nach den neuesten Vorhersagen könnte uns eventuell am Wochenende oder Anfang nächster Woche sogar der erste Hitzetag (ab 30°C) in diesem Jahr zum schwitzen bringen. Die Schafe können also dieses Jahr getrost auf die wärmende Wolle verzichten, sie bräuchten höchstens einen Sonnenschirm.
Viele Grüße Helmut