Tatsache ist, wenn ein Arzt einen Fehler macht und dieser ihm nachzuweisen ist, wird er verklagt. Daß er schon 24 Stunden Dienst hatte und fast im Stehen eingeschlafen ist dabei, das nützt ihm dann nicht als Ausrede.
Allerdings ist es für arme Leute so gut wie unmöglich, einen Arzt zu verklagen, weil man enorme Summen für Anwälte, Gerichtskosten und Gutachten vorstrecken muß. Sonst würden noch viel mehr ärztliche Fehler angezeigt. Mein Vater war beispielsweise in der Klinik zu einer unnötigen Erweiterung einer nötigen Operation gedrängt worden, vom Risiko war keine Rede, sie hatten ihn total eingeschüchtert. Bei der Operation kam es dann zum Schlaganfall. Aber keine Rede von Schlaganfall im Krankenhaus. Wir wollten natürlich wissen, warum er auf einmal nicht mehr sprechen und greifen, geschweige denn laufen konnte, während sein Bettnachbar mit der selben Krankheit schon längst wieder munter auf dem Flur herumrannte. Da hat uns tatsächlich so ein Weißkittel erzählt, das läge daran, daß mein Vater Alkoholiker wäre und Entzugserscheinungen hätte. Sie haben ihm sogar Bier eingeflößt, obwohl er kaum bei Sinnen war. Das ganze sollte uns auf eine falsche Fährte bringen, weil ihnen kräftig der Hintern auf Grundeis ging deswegen. Mein Vater hat nämlich gar keinen Alkohol getrunken, das war völlig absurd. In jungen Jahren war er nach zwei Flaschen Bier voll wie ein anderer nach einer ganzen Kiste, hat gekotzt und war tagelang krank hinterher(Dieses habe ich von ihm geerbt). Später hat er gar nichts mehr angerührt, schon weil er Medikamente nahm, wo jeglicher Alkohol verboten ist wegen der Wechselwirkung. Das war alles erfunden, damit wir uns nicht wehren sollten. Erst als er Wochen später heimkam, hat die Hausärztin den Schlaganfall diagnostiziert. Da war es schon zu spät, um noch alles gezielt austherapieren zu können. Ihr Praxispartner, der Hausarzt, hat mir dann genau erklärt, wie es zu dem Schlaganfall kam. Das lag an der unnötigen Operation, bei der jeder zweite Patient mittendrin einen Schlaganfall bekommt.
Eigentlich hätten wir klagen müssen, aber das wäre erstens nicht zu bezahlen gewesen, und zweitens hätte es meinen Vater nervlich zu sehr belastet. Die einzige Konsequenz war, daß ich den Arzt, der das mit der Sauferei erzählt hat, mal richtig zur Minna gemacht habe. Wäre ich nicht so perplex gewesen, hätte ich ihn vermutlich auch noch am Kragen gepackt. Meine Stiefmutter stand neben mir und brachte gar kein Wort heraus.
Lehrer scheinen ebenfalls fast die Narrenfreiheit zu haben. Der Eindruck ist bei mir entstanden in vielen Schuljahren. Da hatten wir einen Lehrer, der die Hälfte des Schuljahres in der Irrenanstalt saß und in der anderen Hälfte hat er uns schikaniert, weil er wieder Stimmen gehört hatte, die gar nicht da waren. Andere hatten nur ihre Freizeitvergnügen im Kopf, die hatten nicht mal Plan, was wir im Unterricht machen sollten, was wir gestern gemacht hatten und wie weit wir gekommen waren. Andere wieder waren extrem ungerecht und sogar bestechlich. Jedenfalls hatten die reichen Schüler bei schlechter Leistung immer noch bessere Noten als wir armen Schweine bei guter Leistung. Wenn wir wirklich mal einen guten, engagierten und gerechten Lehrer hatten, haben ihn die anderen spätestens zum Halbjahreswechsel rausgemobbt. Ich habe nie erlebt, daß sich mal ein Lehrer für seine Untaten verantworten mußte, der Direktor hat alles immer gedeckt und noch uns angebrüllt, wenn wir mal vorsichtig Kritik üben wollten. Meine Schulzeit habe ich wirklich nicht genossen und sehne mich bestimmt nicht danach zurück. Andererseits, wenn ich heute noch mal hin müßte, würde ich ab und zu auch mal einen Lehrer strammstehen lassen, wenn der Bockmist macht!
Mein Fazit ist, daß es in beiden Berufsgruppen (und anderen auch) zu leicht ist, mit schlechter Leistung viel Geld heimzubringen. Keinesfalls denke ich, daß ein Lehrer mehr verdienen sollte als ein Arzt, schon weil der Lehrer ganz munter eine Kinderseele nach der anderen verkümmern kann, ohne dafür geradestehen zu müssen, während der Arzt doch mal mit dem Gericht rechnen muß, wenn er was falsch macht. Ein schlechter Arzt kann den Patienten zum Krüppel machen oder gar töten, ein schlechter Lehrer kann auch aus einem aufgeweckten, intelligenten und wißbegierigem Kind einen Dauerversager zu Lasten der Sozialkasse machen. Außerdem haben die Lehrer Unmassen an Freizeit, die die Mediziner nicht haben. Aber dann hatten sie doch wieder keine Zeit, die Klassenarbeiten zu korrigieren, da wartet man wochenlang drauf. Da ist eben zuviel, was die sich nebenher noch aufladen. Dann wurschteln sie in der Politik mit herum, schreiben Bücher, die keiner lesen will, sind in allen möglichen Ausschüssen und Gruppen, Bürgerinitiativen und dergleichen, sind bei Vorträgen zu allen Themen im Publikum und nerven die Redner mit ihren Zwischenfragen und wissen am Ende alles besser, obwohl sie sich mit dem Thema noch gar nicht befaßt haben. Wer sonst Vollzeit arbeitet, hat dafür bestimmt keine Zeit. Und die Ferien, die müssen mit Fernreisen verplant sein, Geld haben sie genug und auf die Umwelt nehmen sie dann keine Rüchsicht. So waren jedenfalls meine Lehrer und etliche, die ich zwar nicht selbst hatte, aber gut genug kenne. Es gibt auch andere, aber das scheinen wohl wenige zu sein. Ich muß ihnen aber auch zugestehen, daß es immer schwieriger wird, eine Klasse zu bändigen, weil die Kinder mangels Erziehung daran gewöhnt sind, jederzeit über Tisch und Bänke zu gehen und die dazugehörigen Eltern nicht weniger schwierig sind als ihre Sprösslinge.