Hallo Steffen,
du hast mich gebeten mal meinen Senf zum Thema Urknall abzugeben. Da ich heute Abend einwenig Luft habe schreibe ich einfach mal etwas zum dem Thema. Natürlich werde ich dir auch nicht sagen können ob es den Urknall gegeben hat oder nicht. =)
Traditionell spricht man in der Astrophysik davon, dass als Folge des Urknalls und der daraus resultierenden Expansion des Weltalls der Raum zwischen den Galaxiehaufen immer leerer wird, weil sich letztere immer weiter voneinander entfernen. Nach unseren „gängigen“ und als „gesichert“ geltenden Vorstellungen ist der Raum schon immer expandiert. Jedoch wissen wir in Wirklichkeit natürlich über die weit entfernte Vergangenheit nur wenig und extrapolieren daher mit Hilfe von Modellen, die wir anhand heutiger Daten mehr oder weniger gut überprüfen können. Die Größe des Weltalls ist durchaus bestimmbar relativ zu den Maßstäben, die wir hier auf der Erde definiert haben. Und wenn diese als konstant betrachtet, was man darf (aber nicht muss) und was wir per Konvention tun, dann wächst das Weltall ständig. Und das nennen wir die Expansion.
Man sagt man "weiß" wenn sich alles konsistent in einer einzigen Theorie interpretieren lässt. Und das ist hier der Fall – jedenfalls, wenn man die ersten Bruchteile einer Sekunde außer Acht lässt.
Man könnte allerdings ebenso konsistent sagen, dass der Raum schon immer gleich groß war und sich nur unsere Maßstäbe immer weiter verkleinern. Was eigentlich nur eine Koordinatentransformation ist. Im diesem Bild schrumpfen dann die Galaxiehaufen und alles, was darin ist, entsprechend mit der Zeit; in der Vergangenheit waren die Maßstäbe entsprechend riesig. Man kann die Zeit beliebig monoton transformieren , ist ebenfalls nur eine Koordinatentransformation, und damit den Urknall auf t minus unendlich verschieben. Damit hat man ein plausibles, konsistentes Bild ohne Urknall. Was natürlich weniger mediengerecht ist und dementsprechend nicht Beliebt. Außerdem macht das Rechnen in einem solchen Koordinatensystem etwas mehr Arbeit. Es befreit einen aber nicht davon, dass auf der mathematischen Ebene alle Weltlinien nach endlicher Eigenzeit in die Vergangenheit eine Singularität haben. Aber diese Weltlinien lassen sich physikalisch nicht beliebig weit zurückverfolgen, da eine physikalische Weltlinie physikalisch identifizierbare Einzelobjekte erfordert, die es im frühen Universum nicht geben konnte. Leider ist die Urknall-Theorie mathematisch nicht beweisbar.
Trotzdem steht sie mit einer Fülle von Hypothesen in Einklang, die auch von vielen Beobachtungen gestützt werden. Zum Beispiel steht die Urknalltheorie in Einklang mit den Ergebnissen aus wissenschaftlichen Annahmen der Chaostheorie (Selbstorganisation der Systeme). Auch das Alter der Erde lässt sich anhand voneinander unabhängiger Methoden messen und das Ergebnis zeigt, dass es mit dem Alter des Universums zusammen passt. Die Evolutionstheorie ist ein weiterer anerkannter Stützpfeiler. Muss eine Theorie, die mit so vielen anderen Theorien übereinstimmt, nicht als erwiesen angesehen werden?
Die Beobachtungen und Gleichungen der Chaostheorie können zwar durchaus als Realität bezeichnet werden (soweit sie überhaupt verifizierbar sind), nicht aber als Begründung für das, was vor sich geht. Indem man Vorgänge erklärt und berechnet, vermag man noch keine Antwort auf das "Warum" zu geben. So richtet sich auch eine Differentialrechnung nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten, und dabei stellt sich die Frage nach dem Woher und Warum dieser Gesetzmäßigkeiten.
Die neuen Daten, welche die letzten Sonden den Wissenschaftlern lieferten, lassen an dem bisherigen Zusammenpassen des Alters unseres Sonnensystems mit dem Universum, Zweifel aufkommen. Es scheint, als ob die wissenschaftlichen Erkenntnisse bezüglich des Zusammenpassens und des Alters neu überdacht werden müssten. Die Zukunft wird diesbezüglich neue Antworten bringen.
Gruß
Andreas