Selbständig bin ich nicht, aber ich arbeite ja in einem Bereich, wo ich das alles hautnah mitkriege.
Die Zahlungsmoral ist seit Jahren immer weiter gefallen. Im Gegenzug gewähren aber auch immer weniger Firmen einen Skonto bei sofortiger Zahlung, was ja schon ein Anreiz wäre. Sollte man vielleicht auch mal wieder einführen. In der Kalkulation ist das von vornherein machbar.
Im Speditionsgeschäft, wo ich das am meisten mitkriege, finden viele es normal, ein Zahlungsziel von 60 Tagen anzupeilen, ansonsten gibt es den Auftrag nicht. Auch das wird dann nicht immer eingehalten. Es hat sich bewährt, wenn wir erst schriftlich mahnen und ich dann eine Woche später mal da anrufe, warum denn immer noch kein Geld gekommen ist. Dann werden die meisten doch noch ganz verlegen und zahlen.
Schlechte Zahlungsmoral macht Firmen kaputt, das ist nicht neu. Von Außenständen kann keiner leben. Am schlimmsten ist es, wenn die öffentliche Hand der Auftraggeber ist. Die sind meist selbst zahlungsunfähig und bieten auch schon mal einem kleinen Handwerksmeister an, die Rechnung mit den Gewerbesteuern der nächsten 10 Jahre zu verrechnen. Kann sich natürlich keiner drauf einlassen. Der Geselle will seinen Lohn ja auch nicht 10 Jahre stunden.
Das beste war noch, was mir ein Schulkamerad erzählte, der Inhaber eines Bauunternehmens ist. Er hatte eine größere Arbeit für einen wohlhabenden Kunden ausgeführt und kam dann ein paar Tage später mit der Rechnung da an, etwas über 10 000 Euro. Der Kunde lamentierte, warum denn die Rechnung schon käme. Weil die Arbeit fertig ist und nun zu bezahlen. Das geht jetzt aber nicht, ich habe das Geld gerade auf drei Monate festgelegt und wenn ich es jetzt wieder kündige, kriege ich keine Zinsen dafür.
Martin ist ihm fast ins Gesicht gesprungen bei der Begründung. Bei mir hat er auch gearbeitet und eine Rechnung geschrieben. Zwei Tage später hatte er sein Geld, obwohl es bei mir wesentlich knapper ist. Aber ich rechne eben genau aus, ob ich einen Auftrag geben kann oder nicht. Wenn ja, liegt das Geld auch bereit.
Die Gefahr bei manchen Leuten ist aber auch, daß sie genau wissen, wann ihnen nichts mehr gepfändet werden kann und sich dann narrenfrei fühlen. Das habe ich gesehen, als ich die Vollstreckungsarbeiten in einem Anwaltsbüro gemacht habe. Da wird lauter unnötiger Firlefanz bestellt und nicht bezahlt. Weil sie unter der Pfändungsgrenze liegen und vielleicht auch schon die eidesstattliche Versicherung abgegeben haben. Wenn man dann eine Anzeige wegen Betrug macht, muß man noch Anwaltskosten und dergleichen bezahlen, kriegt aber nichts, weil nichts zu holen ist. Die Vollstreckungskosten hat man schon verauslagt und sieht nichts davon wieder. Vor der Arbeit Auskünfte über die Insolvenz einzuholen, kostet auch erst mal Geld und zweitens sind die Auskünfte von sehr fragwürdigem Wert, veraltet oder aufgrund einer Streitigkeit verfälscht.
Das Risiko bleibt einem Unternehmer eben anhaften. Man kann nur versuchen, es zu minimieren.