Der zweite Absatz ist eine schöne Theorie, die Praxis sieht leider ganz anders aus. Da gibt es einfach nur noch die Aushilfsjobs oder man muß die Stunden ohne Bezahlung zusätzlich machen. Obendrein brüllt mancher Chef dann noch rum, wenn der Umsatz nicht hoch genug ist. Ich hatte mal einen, der wollte dann nicht mal die vertraglichen Stunden bezahlen, weil er meinte, ich hätte nur rumgesessen oder die potientiellen Kunden gar rausgeekelt, um sie nicht bedienen zu müssen.
Mal abgesehen davon, wenn eine Verkäuferin Kinder hat, wo soll sie die denn unterbringen, wenn sie abends so lange arbeiten muß? Da gibt es doch gar keine Betreuungsangebote für. Oder wie heimkommen, wenn der letzte Bus schon vor Stunden gefahren ist? An sowas denken die aber nie, die meinen, alles müßte jederzeit zu ihrer eigenen Bequemlichkeit bereitstehen. Es ist eben so, daß man ein normales, bürgerliches Leben nicht mit solchen Arbeitszeiten vereinbaren kann. Man kann in keinen Verein, viele Hobbys sind nicht möglich und mit den Kindergarten- und Schulzeiten paßt das schon gar nicht zusammen. Ähnlich mag es einem Kellner ergehen, der erst morgens um halb fünf ins Bett gekommen ist und den dann um halb neun ein morgenmunterer Staubsaugervertreter wieder aus dem Bett klingelt, um ihm das neueste Modell vorzuführen.
Meine Schwester arbeitet stundenweise in einem Kaufhaus, meistens samstags. Sie braucht ein Auto, um hinzukommen und manchmal muß auch mein Schwager samstags arbeiten, dann ist die Frage, wo die Kinder bleiben sollen. Die Oma steht auch nicht immer zur Verfügung. Sie würde lieber unter der Woche arbeiten, aber das geht auch nicht, weil der Laden recht spät aufmacht und die Frühschicht zu spät aufhört. Die Kinder stünden dann ja schon lange mit leerem Magen vor der Tür. Außerdem sind ja viel öfter Ferien als ein Erwachsener Urlaub hat. Dazu kommen noch Ausfälle wegen Lehrerkonferenzen, Grippeepedemie usw.