Mit Zuckerbrot und Peitsche
Energie Ein Mix aus Anreizen, Standards und Vorschriften soll mehr Effizienz bringen
Mit 2 Aktionsplänen und insgesamt 26 Massnahmen will Moritz Leuenberger den Energieverbrauch effizienter und nachhaltiger gestalten. Hier die wichtigsten seiner Vorschläge im Überblick:
Dreckschleudern stärker besteuern
Um den Verkauf von sauberen Autos anzukurbeln, will Leuenberger die Importsteuer für Personenwagen mit einem Bonus/Malus-System versehen: Wer ein sauberes Auto kauft, soll unter dem Strich um 3000 bis 4000 Franken günstiger wegkommen als ein Käufer, der sich für einen Wagen mit vergleichsweise hohem Verbrauch entscheidet. Bis Ende 2008 soll der Bundesrat dazu ein Gesetz vorlegen. Heute wird bei der Importsteuer auf den Wert der Fahrzeuge abgestellt.
Benzinverbrauch senken
Leuenberger will die Automobilindustrie über Verordnungen dazu zwingen, die durchschnittlichen Emissionen der neu in Verkehr gebrachten Fahrzeuge zu senken. Im Einklang mit den Zielen der EU visiert er dabei per 2012 einen Emissionswert von 130 Gramm CO2 pro Kilometer an. Als Alternative stellt der Umweltminister aber auch zur Diskussion, dass der Bund mit der Branchenvereinigung Auto-Schweiz eine neue Zielvereinbarung aushandelt. Eine solche Vereinbarung besteht bereits, doch wurden die darin festgehaltenen Reduktionsziele bisher verfehlt. Auch in eine allfällige Neuauflage dieser Abmachung müssten laut Leuenberger die verschärften EU-Grenzwerte aufgenommen werden.
CO2-Abgabe auf Benzin und Diesel
Wie bereits vor zweieinhalb Wochen angekündigt will Leuenberger nicht mehr nur die Brennstoffe, sondern auch die Treibstoffe einer CO2-Abgabe unterstellen. Der Liter Benzin würde dadurch um 15 bis 50 Rappen verteuert. Von den Einnahmen soll ein Grossteil der Bevölkerung über die Krankenkassenprämien zurückerstattet werden. Zwischen 5 und 10 Prozent des Geldes sollen jedoch mittels einer Teilzweckbindung abgezweigt werden. Dieses Geld soll in den Schutz vor klimabedingten Naturgefahren oder in den öffentlichen Verkehr fliessen.
Steuern am Verbrauch messen
Die kantonalen Motorfahrzeugsteuern sollen landesweit auf den Verbrauch der Autos ausgerichtet werden. Der Bund will dazu gemeinsam mit den Kantonen ein einheitliches Modell ausarbeiten. Heute gelten die Pferdestärken, der Hubraum, das höchstzulässige Gesamtgewicht oder eine Kombination aus diesen Kriterien als Bemessungsgrundlage.
Die Häuser dichter machen
Mit einem nationalen Förderprogramm will Leuenberger die energetische Sanierung von Liegenschaften vorantreiben. Möglichst viele Häuser, die vor 1995 gebaut wurden, sollen ab 2010 mit Fördergeldern des Bundes renoviert und dabei auf den Stand der Minergie-Vorgaben gebracht werden. Finanziert wird dieses Programm mit 215 Millionen Franken, die aus den Einnahmen der CO2-Abgabe genommen werden. Parallel dazu will Leuenberger die kantonalen Mustervorschriften bei Neubauten verschärfen. Damit soll unter anderem der Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser von heute 90 auf maximal 60 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche reduziert werden. Im Sinne der Transparenz will der Umweltminister auch einen obligatorischen Energieausweis für Gebäude einführen, auf dem die Verbrauchswerte aufgeführt werden.
Standby abstellen bei Stromgeräten
Nach dem Grundsatz der «best practice» will Leuenberger für alle elektronischen Geräte Mindestanforderungen festlegen, was den Energieverbrauch angeht. Geräte, welche diese Anforderungen nicht erfüllen, dürfen nicht mehr verkauft werden. So darf zum Beispiel ein Computer im Standby-Modus nicht mehr als zwei Watt pro Stunde verbrauchen. Spielkonsolen und Kaffeemaschinen müssen über einen automatischen Abstellmechanismus verfügen, damit sie nicht mehr stunden- oder tagelang im Standby-Modus laufen. Unter demselben Titel sollen auch herkömmliche Glühbirnen ab 2012 nicht mehr zugelassen sein. Geregelt werden sollen all diese Anforderungen in der Energieverordnung.
Neues Geld für Erneuerbare
Bestehende Nah- und Fernwärmesysteme, die heute mit fossilen Energien betrieben werden, sollen systematisch auf erneuerbare Energien umgerüstet werden. Statt Heizöl kommen also Holzschnitzel, Geothermie oder Abwasserwärme zum Einsatz. Erreicht werden soll dies über einen finanziellen Mechanismus: Auf Wärme fossiler Herkunft wird ein Zuschlag erhoben, der dann zugunsten von erneuerbarer Wärme eingesetzt wird. Auch dazu soll bis Ende 2008 ein Gesetzesvorschlag vorliegen. Ergänzt wird dieser Punkt durch eine Biomasse-Strategie. Mit ihr sollen die Ernte, die Lagerung und der Transport von Energieholz, Bio-Abfällen und nachwachsenden Rohstoffen regional organisiert werden.
Ölheizungen ersetzen
Mit finanziellen Anreizen will Leuenberger Öl-, Gas- und Elektroheizungen sukzessive durch Wärmepumpen und Heizungen mit Holzpellets ersetzen. Bei allen Neubauten muss obligatorisch geprüft werden, ob Sonnenenergie zur Warmwasseraufbereitung oder zum Heizen verwendet werden kann. Diese Umrüstungsbestrebungen enthalten auch ein Sonnenkollektorenprogramm, dank dem dereinst 100 000 neue Solardächer entstehen sollen. Das Geld dazu soll entweder aus der CO2-Abgabe oder aus den Mehrwertsteuereinnahmen genommen werden.
Wasserkraft fördern
Das geltende Gewässerschutzgesetz soll so optimiert werden, dass das noch vorhandene Potenzial der Wasserkraft genutzt werden kann. Statt auf generelle Restwassermengen in den Flüssen will Leuenberger dabei auf «massgeschneiderte Lösungen» für die einzelnen Wasserkraftwerke setzen. Die negativen Schwall-/ Sunk-Phänomene sollen nur mittels baulicher Massnahmen wie etwa Auffangbecken angegangen werden. Parallel dazu will der Umweltminister die Nutzung der Wasserkraft finanziell entlasten. Dazu soll ein flexibler Wasserzins eingeführt werden: Der Zinssatz ist dabei zuerst tief und steigt erst im Laufe der Zeit an. Dies soll Investitionen in Wasserkraftanlagen begünstigen.
Quoten für Bio-Treibstoff
Der Einsatz von Treibstoffen aus erneuerbaren Ressourcen soll durch verbindliche Quoten gefördert werden. Wie in der EU will Leuenberger den fossilen Treibstoffen sukzessive einen höheren Anteil an Treibstoff aus biogenen Quellen beimischen. Im Jahr 2020 soll eine Quote von zehn Prozent erreicht werden. Damit bei diesem Bio-Treibstoff auch die Öko- und die Sozialbilanz berücksichtigt wird, ist die Einführung eines Qualitätslabels geplant. Dazu muss eine Gesamtbilanz für alle Bio-Treibstoffe erstellt werden.
Der Aargau machts vor!
Aargauer Parlament gegen Gaskombikraftwerk
Der Aargauer Regierungsrat muss die eventuelle Baubewilligung für ein Gaskombikraftwerk auf dem Kantonsgebiet verhindern. Dazu verpflichtete der Grosse Rat den Regierungsrat. Das Parlament zieht den Bau eines Atomkraftwerkes vor.
Den entsprechenden Auftrag der CVP-Fraktion überwies der Grosse Rat mit 83 gegen 34 Stimmen. SVP, FDP, CVP und EVP stimmten dafür. SP und Grüne sprachen sich dagegen aus. Eine SP-Grossrätin bezeichnete den Aargau als «fürchterlichen Atomkanton».
Der Regierungsrat war bereit, den Vorstoss entgegenzunehmen. Er liess sich dazu verpflichten, «alle in seiner Kompetenz liegenden Befugnisse anzuwenden, damit im Aargau keine Gas- oder Kohlegrosskraftwerke gebaut oder betrieben werden können».
Der Regierungsrat muss sich bereits dafür einsetzen, dass die Planung für den Ersatz der Atomreaktoren Beznau I und II in Döttingen schnell in Angriff genommen wird. Der Grosse Rat hatte im vergangenen März einen entsprechenden Auftrag der FDP-Fraktion überwiesen.
Die Bewilligungsverfahren für ein neues AKW dauern gemäss Regierungsrat sehr lange. Daher werde es voraussichtlich nicht möglich sein, rechtzeitig mit Kernkraftwerken die notwendigen Stromkapazitäten bereit zu stellen.