Hallo zusammen,
nachdem in den vergangenen Wochen ja schon intensiv und in alle Richtungen über den bevorstehenden Winter diskutiert worden ist, möchte hier nun meine Prognose für die kommenden drei Monate abgeben.
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Vor den Details der aktuellen Vorhersage wie immer ein paar Worte zu meinem Prognoseverfahren: Dieses basiert vorrangig auf der Analyse der nordhemisphärischen Druckkonstellationen über eine längere Zeit vor dem Prognosezeitraum. Hierbei werden die jeweiligen "Muster" von Druckanomalien mindestens der letzten sechs bis acht Monate mit den entsprechenden "Mustern" vergangener Jahre verglichen, um auf diese Weise die Konstellationen mit größtmöglicher Übereinstimmung (Analogien) zu identifizieren. Anschließend werden mit Hilfe statistisch relevanter und/oder signifikanter Witterungsregeln und unter Berücksichtigung weiterer Parameter (z.B. Muster der SST-Anomalien im Vergleich zu früheren Jahren, Analogien der Großwetterlagen und der Temperaturentwicklung) das wahrscheinlichste Szenario für die Witterungsentwicklung in den Folgemonaten bestimmt und entsprechende Prognosewerte berechnet.
Ich möchte darauf hinweisen, dass die erwähnten Methoden nicht von mir "erfunden" wurden, sondern von renommierten Meteorologen angewendet und weiterentwickelt werden. Mir geht es bei meinem Verfahren um den Versuch, als wissenschaftlich Interessierter eigenständig ein leistungsfähiges Verfahren zu entwickeln und relevante Parameter in geeigneter Weise miteinander zu verknüpfen.
Dabei ist es offensichtlich (und wurde von mir u.a. vor einem Jahr im Rahmen der damaligen Winterprognose ausführlich erörtert), dass sämtliche Versuche längerfristiger Witterungsprognosen mit sehr hohen Unsicherheiten behaftet sind. Letztlich beruft man sich aus logischer Sicht auf das Prinzip der Erhaltungsneigung bzw. der ähnlichen Fortentwicklung bei über längere Zeit ähnlichen (großräumigen) Konstellationen im Vergleich zu früheren Jahren. Solche Zusammenhänge können freilich auch statistisch so stark sein, dass sie sogar eine statistisch signifikante Korrelation bilden. Dennoch bleibt selbst in diesen Fällen praktisch immer eine "nicht-erkärte Varianz", so dass mit so genannten Ausnahmen immer zu rechnen ist.
Ich betone diese grundsätzlichen Überlegungen auch deswegen so sehr, weil ich mit meiner folgenden Prognose nicht den Eindruck erwecken möchte, mich im Besitz "höheren" Wissens oder irgendeiner Form der "Gewissheit" zu befinden. Ich nenne einfach die nach meiner Einschätzung wichtigsten Argumente und meine betreffenden Schlussfolgerungen. Selbstverständlich können andere Analysen auf der Basis anderer Argumente zu anderen Ergebnissen kommen - aber gerade in diesem Austausch über eine Vielzahl relevanter Aspekte eines sehr komplexen Themas liegt doch auch der Reiz dieses Themenfeldes. Daher sollte es auch nicht darum gehen, am Ende "seine" Prognose als die "beste" feiern zu können, sondern vielmehr gespannt abzuwarten, welche sachlichen (!) Argumente sich im jeweiligen (!) Fall als tragfähiger erweisen.
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Auf der Basis des oben beschriebenen Prognoseverfahrens und unter Einbeziehung weiterer relevanter Argumente ergibt sich folgende Prognose für den Winter 2007/2008:
Die Entwicklung seit Beginn des Jahres (bzw. noch längerfristiger seit Herbst 2006) zeigt deutliche Analogien zu den Jahren 1988 und 2000. Dies lässt sich sowohl in der längerfristigen, großräumigen Entwicklung der nordhemisphärischen Druckkonstellationen als auch im konkreten, daraus resultierenden Witterungsverlauf in Mitteleuropa nachvollziehen.
- Wie 2006/2007 folgte in den genannten Analogiejahren auf einen deutlich zu warmen September eine markante Wärmeperiode, welche dann im Frühsommer recht abrupt beendet wurde und in eine mehrmonatige Phase durchschnittlich temperierter, teils sogar zu kalter Monate (d.h. jeweils sehr gemäßigter, durch Westlagen dominierter Hochsommer) mündete. Anschließend folgten auf recht unterschiedliche Herbste in beiden Fällen deutlich zu milde Winter. Insgesamt lässt sich die hier gefundende, spezielle Analogie sogar noch weiter verallgemeinern: Auf Jahre mit deutlich zu warmem Januar, deutlich zu warmem April und Mai (in der Kombination) und durchschnittlichem Sommer folgten in der Vergangenheit in nahezu allen Fällen - unabhängig vom Herbstverlauf - milde Winter.
- Die gefundenen Analogiejahre 1988 und 2000 werden auch durch eine Analyse des Verlaufes der mittleren Monatstemperaturen seit Herbst 2006 bestätigt. Untersucht man, welche 15-Monats-Zeiträume (September des Vorjahres bis November des laufenden Jahres) die geringsten Abweichungen der jeweiligen mittleren Monatstemperaturen vom aktuellen 15-Monats-Zeitraum (September 2006 bis November 2007) aufweisen, so ergeben sich die Jahre 2000 und 1988 als diejenigen mit den größten Übereinstimmungen.
- Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass in den letzten beiden Jahrzehnten deutlich zu milde Winter wie 2006/2007 niemals einzeln aufgetreten sind, sondern in der unmittelbaren Folge mindestens ein weiterer milder Winter auftrat. Als unterste Grenze ist dabei der Winter 1998/99 zu sehen, der nach dem deutlich zu milden Winter 1997/98 nur leicht zu mild ausfiel. In allen anderen Fällen war der zweite Winter einer Mildwintergruppe aber ähnlich mild oder sogar noch milder als der vorherige: siehe 1987/88 - 1988/89 - 1989/90, 1993/94 - 1994/95, 1999/2000 - 2000/2001 - 2001/2002.
- Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit für einen Kaltwinter in den letzten Jahrzehnten im Zuge der beschleunigten Klimaerwärmung deutlich gesunken. Die Wiederkehrzeit eines nennenswert zu kalten Winters betrug seit 1987/88 etwa zehn Jahre. Vor diesem Hintergrund hätte es nach meiner Einschätzung schon recht starker Signale für einen kalten Winter oder zumindest Hochwinter bedurft (siehe z.B. Oktober-Januar-Regel nach F. Baur, die 2005 erfüllt war und einen kalten Januar anzeigte, in diesem Jahr aber nicht anwendbar ist), die m. E. aber ausgeblieben sind.
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Für die einzelnen Monate ergibt sich somit folgendes Bild:
Der Monat DEZEMBER dürfte insgesamt von zyklonalen Westlagen über Mitteleuropa dominiert werden. Vorübergehender Hochdruckeinfluss und kurzzeitige rückseitige Lagen werden nach meiner Einschätzung nur vorübergehende Kaltlufteinbrüche zulassen. Insgesamt dürften sich die West- und im Verlauf auch Südwestlagen in der zweiten Monatshälfte noch verstärken, so dass ein insgesamt deutlich zu milder erster Wintermonat zu erwarten ist. Ich gehe an dieser Stelle daher davon aus, dass das Jahr 2007 mit diesem deutlich zu warmen letzten Monat auch als insgesamt wärmstes Jahr seit Aufzeichnungsbeginn in die Annalen eingehen wird.
Auch in den Monaten JANUAR und FEBRUAR dürfte sich das Muster vom Dezember weitgehend fortsetzen. Länger anhaltende Südwest- bis Westlagen dürften sich mit vorübergehenden Hochdrucklagen über Mittleuropa abwechseln und für einen insgesamt milden Hochwinter sorgen.
Die Prognosewerte im Einzelnen:
DEZEMBER 2007:
Erwartete Temperaturabweichung (im deutschen Flächenmittel):
+3K bis +4K (deutlich zu warm)
Niederschlag: zu nass
JANUAR 2008:
Erwartete Temperaturabweichung (im deutschen Flächenmittel):
+2K bis +3K (deutlich zu warm)
Niederschlag: zu nass
FEBRUAR 2008:
Erwartete Temperaturabweichung (im deutschen Flächenmittel):
+2K bis +3K (deutlich zu warm)
Niederschlag: (leicht) zu trocken
FAZIT: Sowohl meine Analogieanalysen als auch die sonstigen hier erwähnten Argumente sprechen für einen insgesamt milden bis sehr milden Winter 2007/2008, der vor dem Hintergrund der Erfahrungswerte seit Ende der 1980er Jahre durchaus nur geringfügig weniger mild ausfallen könnte als der Rekordwarmwinter 2006/2007.
Wir dürfen also gespannt sein, welche Argumente sich in diesem Winter als zutreffend erweisen und welche Überraschungen die Witterung der kommenden Wochen und Monate für uns bereit hält. Ich wünsche uns jedenfalls, dass für alle hier etwas Erfreuliches mit dabei ist!
Gruß
Markus