Habe beim heutigen Sichten der Zeitungen in unserem Lokalblatt einen interessanten Bericht gefunden. Frage an Euch: Habt Ihr schon was davon gehört? Hybrid-Auto ist mir bekannt. Psst irgendwie zu dem Thread.
Grüsse ins Forum
Heinz
Beginn Zitat:
Jedem Haus sein Kleinkraftwerk
Oberengadin als Pionierregion in Sachen nachhaltiger Energie
Aus einer konventionellen Ölheizung ist mehr als Wärme herauszuholen, nämlich auch Elektrizität. Dank der Brennstoffzellentechnologie soll im Oberengadin in absehbarer Zeit eine dezentrale Stromversorgung entstehen.
Die Brennstoffzelle wurde vor 160 Jahren erfunden, geriet aber ins Hintertreffen, als die Automobilindustrie auf den Verbrennngsmotor setzte. Infolgedessen geriet diese Energietechnik etwas in Vergessenheit, bis sie in den Siebzigerjahren vorab im militärischen Bereich eine Renaissance erlebte und seither speziell in der Raum- oder Unterseebootfahrt eingesetzt wird.
Brennstoffzellensysteme haben aber ein weitaus grösseres Einsatzpotenzial, auch im zivilen Bereich. Sie könnten gemäss Angelo Pozzi, ehemals Professor der ETH Zürich, innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte die Energieversorgung der heutigen Gesellschaft revolutionieren. Die technologische Errungenschaft brachte den promovierten Bauingenieur, der in seiner langen Berufskarriere auch 16 Jahre lang Verwaltungsratspräsident des Energiekonzerns Atel war, dazu, letztes Jahr zusammen mit der Rätia Energie AG die Stiftung SESES (Sustainable Energy Systems Engadine St. Moritz), also eine Stiftung für nachhaltige Energiesysteme mit Sitz in St. Moritz ins Leben zu rufen.
Rätia Energie mitinvolviert
Neben Pozzi als Präsident nehmen zwei weitere Personen im Stiftungsrat Einsitz, nämlich Karl Heiz aus Poschiavo, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Rätia Energie AG sowie Franco Milani, Leiter Marketing und Kommunikation bei demselben Stromlieferanten. Erklärtes Ziel der SESES ist es, die dezentrale Energieversorgung zu fördern, insbesonders diejenige, die auf Brennstoffzellenanlagen beruht und die als Energieträger den Wasserstoff nutzt. Wasserstoff, der auch in den Alkoholen Methanol oder Ethanol enthalten ist. Die Stiftung fördert zudem die Erzeugung von nichtfossilen Energieträgern, die auf die Verwertung der im Engadin anfallenden Biomasse zurückgeht.
CO2-neutrale System
Was wollen die Stifter im konkre-ten mit der neuen Stiftung bezwecken? – Nicht weniger als einer Technologie der Zukunft zum Durchbruch zu verhelfen. Pozzis Vision ist es, binnen einer Generation zwischen Maloja und Zernez so viele Haushalte/Gebäude wie nur möglich mit Brennstoffzellen-Heizgeräten auszurüsten. Diese hätten den Vorteil, nicht nur Heiz-Wärme zu erzeugen, sondern darüber hinaus noch ähnlich viel Strom. Diese wasserstoffbasierten Systeme sind CO2-neutral, belasten die Umwelt also nicht; sie erzeugen eben kein CO2 wie eine traditionelle Öl-/Gas-Heizung. Damit würde der Rohstoff Erdöl, den es nicht in unbegrenzten Mengen gibt und der tendenziell in den nächsten Jahrzehnten teurer werden wird, ersetzt oder zumindest viel effizienter genutzt als heute. Jedes Gebäude hätte im Keller ein eigentliches Kleinkraftwerk für den Eigenbedarf an Wärme und wäre zudem Teil des integrierten Stromsystems. Die überschüssige Elektrizität könnte somit – dank der schon vorhandenen Infrastruktur – ins Netz gespiesen werden. Ein Netz, das aufgrund der Strommarktliberalisierung und des grenzübergreifenden Stromhandels derzeit immer wieder an seine Kapazitätsgrenzen stösst. Die dezentrale Stromversorgung hätte also auch den Vorteil, die Transportleitungen zu entlasten.
Oberengadin als schweizerische Pionierregion
Für Pozzi ist das Oberengadin der ideale, weil abgegrenzte und überschaubare Raum für den Aufbau eines solchen dezentralen Energieversorgungssystems. Auch weil die Bergregion aufgrund ihres Klimas gerade im Winter einen hohen Bedarf an Heizöl hat, was zu einem hohen unerwünschten CO2-Ausstoss führt und weil eben im Winter der zusätzlich mit Brennstoffzellenanlagen erzeugte Strom besonders gefragt ist.
Ausgehend von 10 000 bis 15 000 Oberengadiner Haushalten, geht Pozzi davon aus, dass mittels der dezentralen gekoppelten Wärme-Strom-Erzeugungssysteme im Hochtal neben der bisherigen Gesamt-wärmeproduktion von etwa 150 bis 180 Megawatt Leistung auch noch eine ähnlich grosse Stromleistung erzeugt werden könnte, was gesamthaft mehr als dem halben Stromjahresverbrauch der Region entspräche.
Die neue Technologie gibt es, nur ist sie noch nicht ganz ausgereift. Kommt erschwerend dazu, dass Brennstoffzellensysteme noch nicht im grossen Stil produziert werden, was sich negativ auf den Kaufpreis auswirkt. Für Pozzi ist es aber nur noch eine Frage der Zeit, bis Forscher und Entwickler in den USA, Japan, Deutschland und der Schweiz das System so optimiert haben, dass eine Markteinführung möglich ist und die Umstellung sich als langfristig sinnvolle und rentable Investition erweist.
Noch in diesem Jahr will die SESES im Oberengadin eine Erstversuchsanlage von mehreren miteinander vernetzten Kleinanlagen in passenden Heizungskellern mit Brennstoffzellanlagen installieren, welche die Funktionsweise der neuen Technologie veranschaulicht und öffentlich zugänglich ist. Zudem wird eine Informationskampagne lanciert.
Die Brennstoffzelltechnologie ist im Kommen. So wird sie bereits im Verkehr (Hybrid-Autos) und in der Computertechnologie genutzt. Der japanische Konzern Sony will noch dieses Jahr ein Laptop auf den Markt bringen, der dank einer Brennstoffzelle praktisch beliebig lange unabhängig vom Stromnetz betrieben werden kann.
Quelle: Engadiner Post Autor: Marie-Claire Jur
Ort: 7500 St. Moritz
Datum: 30.01.2007
Rubrik: Diverses